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21. Oktober: Centre for Social Education and Development/Tirupur - der erste Projektbesuch

Heute verbringen wir den ganzen Tag beim langjährigen terre des hommes-Projektpartner CSED. Die Organisation arbeitet in und um Tirupur und hat sich zum Ziel gesetzt, benachteiligte Menschen in zu stärken. Das sind hier in Indien vor allem die Dalits - die Unberührbaren - und innerhalb dieser Gruppe die schwächsten Glieder: Frauen und natürlich Kinder.

Nambi, der Leiter von CSED, der uns zusammen mit seinen Mitarbeitern empfängt, erklärt uns, dass seine Gruppe sich vor allem um zwei Problemfelder kümmert: Zum einen Konflikte der Dalits untereinander: wir lernen, dass es auch innerhalb der eigentlich kastenlosen Unberührbaren drei Gruppen gibt, die zueinander die gleichen Verhaltensweisen pflegen wie auch die eigentlichen Kasten mit ihren streng gegliederten Hierarchieebenen. Die grundsätzliche Diskriminierung, der alle Dalit-Gruppen in der indischen Gesellschaft unterliegen, verschärft diese Konflikte.

Das zweite Problem, an dem CSED arbeitet, resultiert aus der raschen und ungeregelten Industrialisierung von Tirupur mit allen ihren Begleiterscheinungen: eine rasant fortschreitende Umweltzerstörung und Hunderttausende von Arbeitsmigranten aus allen Teilen Indiens. Die Folgen sind auseinanderbrechende Familien, Unterernährung, ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, Kinderarbeit, Kinderheirat, Schulabbrecher oder Kinder, die gar nicht erst zur Schule gehen, und die Erfahrung von Diskriminierung, der die Dalits täglich ausgesetzt sind.

Dem setzt CSED die Vision eines selbstbewussten, solidarischen Menschen entgegen, der um seine Rechte weiß, sie verteidigt und andere dabei unterstützt. Um dies zu erreichen, setzt die Organisation bei den Kindern an: Sie sorgt dafür, dass sie zur Schule gehen und eine Berufsausbildung aufnehmen, und sie unterstützt sie dabei, sich zu selbstbewussten Menschen zu entwickeln.

CSED arbeitet in 30 Dörfern bzw. Vororten von Tirupur. Die Organisation unterhält ein Netzwerk von Abendschulen für arbeitende Kinder und Freizeithäuser. CSED führt Kampagnen bei Eltern und Lehrern durch, leistet Öffentlichkeitsarbeit und übt auch einen gewissen Druck auf Behörden aus. Großer Wert wird auf die Beteiligung der Kinder gelegt. Mittlerweile gibt es ein Netzwerk von ehrenamtlich arbeitenden sogenannten Child Right Promotern. Dabei handelt es sich um Jugendliche, die die CSED-Angebote durchlaufen haben und nun neben Schule, College oder eigener Berufstätigkeit die Jüngeren anleiten, öffentlichkeitswirksame Kampagnen erarbeiten und durchführen, und mit Jugendlichen aus anderen indischen Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten. Und natürlich sind sie auch Teil des internationalen Jugendnetzwerks von terre des hommes.

Nach einer Vorstellungsrunde teilen wir uns in drei Gruppen, die jeweils in ein »Children Treasure House« fahren, einer sonntäglichen Spiel- und Lernstätte für Kinder und Jugendliche. In einem Vorort von Tirupur treffen wir auf 50 laute und glückliche Kinder, die Brettspiele spielen, basteln und miteinander lachen: Wir sind mitten in der Spielzeit angekommen, werden mit einem Blumen begrüßt und können direkt mitmachen. Die Spielzeit ist fester Bestandteil der Aktivitäten. Darüber hinaus gibt es einen Teil, der von den jugendlichen Child Right Promoters gestaltet wird. Sie bringen in der Regel einen fachlichen Beitrag ein, zum Beispiel zum Thema Energiegewinnung oder Automechanik, für den sie sich zunächst selbst einmal weiterbilden müssen. Im Anschluss übernimmt einer der Hauptamtlichen einen inhaltlichen Teil, bei dem zum Beispiel Ernährungskunde auf dem Programm steht. Sie sprechen dazu über Ernährungsbestandteile, gehen dann mit den Kindern einkaufen und studieren die Packungsbeilagen.

Die beiden inhaltlichen Teile werden heute dem Kennenlernen und dem Austausch mit uns Besuchern gewidmet. Uns wird ein Lied, später auch ein Tanz vorgeführt. Wir revanchieren uns mit einem Lied, erzählen von Deutschland und unserer Tätigkeit, und dann entspinnt sich ein Frage und Antwortspiel zwischen den Kindern und uns. Dabei achten die Jugendlichen darauf, dass die Kinder selbst aktiv sind und ihre Gedanken und Fragen stehend im Plenum vortragen, um ihre Fähigkeit, Gedanken zu formulieren und auszudrücken, zu stärken. Unter den Jugendlichen befinden sich auch einige, die bereits arbeiten. Sie erzählen von ihrem Zehn-Stunden-Tag in der Textilindustrie und einer Autowerkstatt. Alle anderen Jugendlichen besuchen weiterführende Schulen. Wir sind beeindruckt von ihrem zurückhaltenden, aber sicheren Auftreten, aber auch von der Tatsache, dass sie sich in ihrer spärlichen Freizeit noch so stark für andere engagieren.

Im Hauptgebäude von CSED erwartet uns anschließend ein Kulturprogramm, das die Jugendlichen mit traditionellen Tänzen gestaltet haben. Wir haben eine Pantomime über unsere ehrenamtliche Tätigkeit vorbereitet.

Der Tag schließt mit einer Diskussion mit den Child Right Promoters. Sie schildern ihre vielfältigen Erfolge, sei es dass sie Eltern davon überzeugt haben, ihre Kinder zur Schule zu schicken, oder den unrechtmäßigen Einzug von Schulgebühren unterbunden haben. Auch ihre Zusammenarbeit mit den Jugendlichen anderer Organisationen und dem internationalen terre des hommes Jugendnetzwerk erfüllt sie zu recht mit Stolz. Gefragt, warum sie sich so engagieren, erläutern sie ihre Motive: sich artikulieren und durchsetzen lernen, aber auch lernen, auf andere zu schauen, sich selbst weiter entwickeln, organisatorische und Führungsqualifikation erwerben, und immer wieder Freundschaft und Hilfe geben und auch selbst zu erfahren. Eine tolle Arbeit, die CSED da macht!

Erfüllt von vielfältigen Eindrücken fahren wir zurück zum Hotel. Diese engagierten Menschen haben uns sehr beeindruckt, ihre Herzlichkeit und Offenheit uns begeistert. Wir hätten eine ganze Woche dort verbringen können.

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