Hilfe für vertriebene Kinder
Im Jahr 2019 wurden nach Schätzungen der Vereinten Nationen weltweit 70,8 Millionen Menschen gewaltsam vertrieben. Mehr als die Hälfte dieser Flüchtlinge sind jünger als 18 Jahre. Viele von ihnen haben Familienangehörige verloren, Gewalt am eigenen Leib erlebt und sind durch die Flucht traumatisiert. An ihren Aufenthaltsorten, in Flüchtlingslagern oder bei Verwandten im Ausland müssen sie sich nicht nur an eine neue Kultur und Sprache anpassen, sondern oft auch mit Rassismus, Abwehr und Zurückweisung umgehen. In dieser Situation brauchen sie Hilfsangebote, die ihrer besonderen Situation und ihren Bedürfnissen gerecht werden. Daher hat es sich terre des hommes zum Ziel gesetzt, für diese Flüchtlingskinder fachgerechte psychotherapeutische, pädagogische und psychosoziale Unterstützung zu organisieren, die es ihnen ermöglicht, ihre Fluchterlebnisse zu verarbeiten und im Leben wieder Fuß zu fassen.
Zahl der Schulabbrecher reduzieren
Zu den Ländern, die seit Beginn der Syrienkrise vor neun Jahren eine große Zahl syrischer Flüchtlinge aufgenommen haben, zählen vor allem Jordanien und der Libanon. Im Libanon sind zusätzlich Hunderttausende Palästinenser registriert, die größtenteils in Camps oder informellen Siedlungen leben und nur unzureichend in die libanesische Gesellschaft integriert sind. terre des hommes kümmert sich in beiden Ländern um die geflüchteten Kinder und ihre besonderen Bedürfnisse. Die Kinder gehen zwar zur Schule, viele brechen sie jedoch wieder ab, insbesondere Kinder aus armen und benachteiligen Familien. Oft werden diese Kinder von ihren Eltern zum Arbeiten geschickt, um zum Lebensunterhalt der Familien beizutragen. Mädchen werden früh und zum Teil gegen ihren Willen verheiratet. Daher ist ein zentraler Ansatz des terre des hommes-Programmes, die hohe Zahl an Schulabbrechern zu reduzieren und damit die Zukunftschancen der Kinder zu verbessern. Im Jahr 2019 erreichten die Projekte im Libanon 2.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, in Jordanien 850.
Ein weiterer Schwerpunkt des terre des hommes-Programmes ist der Irak. Die humanitäre Situation ist weiterhin herausfordernd: Etwa 8,7 Millionen Menschen sind nach offiziellen Angaben im Irak auf internationale Hilfe angewiesen. Nach wie vor kommen Flüchtlinge aus Syrien ins Land, die in den Flüchtlingslagern Schutz finden. Sie haben kaum eine Rückkehrperspektive, ihr Heimatland ist zu großen Teilen verwüstet, außerdem hindert sie die Furcht vor dem Assad-Regime vor einer Rückkehr in die Heimat. Dazu kommen 300.000 vor allem durch interne Kämpfe mit den Milizen des Islamischen Staates binnenvertriebene Iraker, die zwar in ihre zerstörten Heimatorte zurückkehren könnten, dort aber weder Arbeit und Lebensunterhalt noch Schulen oder ärztliche Versorgung für ihre Kinder finden. Fast die Hälfte der Kinder, die mit ihren Familien in ihre zerstörten Dörfer zurückkehren, haben keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. In den kriegszerstörten Städten Mosul, Ramadi und Falluja findet in baufälligen Gebäuden und überfüllten Klassen ein notdürftiger Unterricht in drei verschiedenen Schichten statt. Diese massive Belastungssituation führt bei den Kindern und Jugendlichen oft zu psychischen Problemen, die bisher nicht annähernd aufgefangen werden können. Einheimische Fachkräfte oder Behörden und Institutionen, die die Probleme langfristig und nachhaltig lösen könnten, sind kaum vorhanden. Daher startete terre des hommes 2019 ein dreijähriges Projekt, mit dem lokale Strukturen in den Bereichen Kindesschutz, Bildung und mentale Gesundheit aufgebaut werden. Insgesamt etwa 4.000 Kinder und Jugendliche sollen die Möglichkeit bekommen, durch pädagogische und therapeutische Angebote schrittweise wieder an einem strukturierten Alltagsleben teilzunehmen. Die Angebote helfen ihnen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und Ängste zu überwinden.
Zukunftswünsche verwirklichen
Nicht nur in Kriegs- und Krisenregionen wie dem Nahen Osten, auch in Deutschland hilft terre des hommes Flüchtlingsfamilien. Im Deutschland- und Europaprogramm von terre des hommes wurde Kindern im Jahr 2019 mit insgesamt 19 Projekte geholfen. Gefördert werden vor allem Flüchtlings- und Migrantenkinder, insbesondere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die terre des hommes-Partnerorganisationen kümmern sich um die psychische Gesundheit von Kindern und geben ihnen die Chance, eine Schule zu besuchen oder eine Berufsausbildung zu starten und auf diese Weise in der Gesellschaft Fuß zu fassen.