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Abbas Khider: Der falsche Inder

Roman
Edition Nautilus Hamburg, 2008
160 Seiten
Preis: €  16,– (gebundene Ausgabe)
(Taschenbuchausgabe btb-Verlag 2013,  € 8.99)
ISBN-10: 3442744601
ISBN-13: 978-3442744602  

Abbas Khider wurde aus dem Gefängnis entlassen und entschloss sich, dem Irak unter Saddam Hussein den Rücken zu kehren. Drei Jahre hat sein Weg nach Deutschland gedauert, das  er 1999 erreichte. Die Erfahrungen, Enttäuschungen und Schrecknisse  der langen Flucht sind Thema seines ersten Romans, geschrieben in deutscher Sprache. Danach hat Abbas Khider zwei weitere Romane veröffentlicht, die vom jederzeit möglichen Grauen der Diktatur, Folter und Gewalt handeln, aber auch von der Gewitztheit und Widerstandsfähigkeit des Menschen. Kürzlich ist ein weiterer Roman über die Parallelwelt der Asylsuchenden in Deutschland erschienen. In alle seine Romane ist Autobiografisches eingeflossen.

Die gleiche Fluchtroute wie heute
Der Ich-Erzähler des Romans, dem wegen seiner dunklen Hautfarbe schon im Irak alle möglichen Herkünfte zugeschrieben werden, nennt sich selbst »falscher Inder«. Rasul Hamid wird in der Zeit von Saddam Hussein festgenommen und übersteht drei Jahre im Gefängnis. Ebenso plötzlich wie er festgenommen wurde, wird er freigelassen.
Schon als Jugendlicher hatte er zu schreiben begonnen. Den Drang verspürte er immer dann, wenn er sich verliebt hatte, was schnell geschah. Im Gefängnis lernt er das Gefühl der Leere kennen. Oft schreibt er gegen die Leere und gegen die Verzweiflung auf der Flucht an. Schon Mitte der 90er Jahre sind viele auf dem Fluchtweg  unterwegs, der sich später zur Hauptroute entwickeln sollte. Vom Irak über Jordanien nach Ägypten, weiter nach Libyen, Tunesien; von dort wieder zurück, in die Türkei, Istanbul, Griechenland. Die Gefahr, festgenommen, abgeschoben, bestohlen zu werden, ist allgegenwärtig.

Nie sicher vor Gewalt
Abbas Khider erzählt die Geschichte von Rasul Hamid nicht chronologisch, sondern als Gewebe aus Motiven, Begegnungen, Vorankommen, Zurückmüssen. Nahezu beiläufig  erfährt der Leser von den Widrigkeiten des Fluchtalltags. Lakonisch und nahezu kühl beschreibt er, mit welchen Arbeiten Rasul Hamid unterwegs Geld verdienen muss, wie ihm die Papiere abhanden kommen und wie er sich immer wieder verstecken muss, nie sicher vor Gewaltausbrüchen der Polizei, des Militärs oder anderer, die die Fluchtroute kontrollieren. Liebevoll werden Weggefährten, deren Träume und Hoffnungen, gezeichnet. Und über manche Traurigkeit hilft nicht nur dem Protagonisten, sondern auch dem Leser der Humor des Autors hinweg.

Abbas Khiders Fluchtroman ist spannend geschrieben und überrascht immer wieder. Von Anfang an hofft man mit dem Flüchtenden, dass er irgendwann an sicherem Ort ankommt. Überraschend ist auch die große Ausdruckskraft des Autors, der schließlich erst als Erwachsener Deutsch gelernt hat. Der großartige Roman ist 2008 erschienen, aber gerade jetzt sollte man ihn lesen, um zu verstehen, um mitzuleiden und mitzulachen. Dem Verlag Nautilus ist zu danken, dass er Abba Khiders Romane verlegt hat zu einem Zeitpunkt, als er in Deutschland gänzlich unbekannt war.    

Fazit: Die Geschichte ist dicht erzählt, poetisch, literarisch und sprachlich herausragend. Ein sehr empfehlenswertes Buch.    

Monika Huber  

Ein Gesamtübersicht aller in dieser Rubrik besprochenen Bücher und Leseempfehlungen finden Sie auf unserer Seite »terre des hommes-Medientipps«.
     

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