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"Ich kann nicht richtig schlafen, weil meine Kinder in Gefahr sind"

Um wen geht es? Amira Sayyid*, (in Deutschland) und ihre zwei minderjährige Kindern (16 und 17 Jahre alt) in Afghanistan.

Amira war sich sicher, dass ihre Söhne tot sind

Amira Sayyid musste 2019 ihre Heimat Afghanistan verlassen, weil ihr Leben in Gefahr war.  Die Flucht gestaltete sich dramatisch, auf dem Weg aus Afghanistan wurde sie von ihren Söhnen, mit denen sie gemeinsam das Land verlassen wollte, getrennt. Amira war sich sicher, dass ihre Söhne tot sind. Sie hörte zwei Jahre lang nichts von ihnen, bis ein Bekannter die Söhne 2021 zur Zeit der Machtübernahme der Taliban zufällig in Kabul am Flughafen entdeckte. Die Kinder versuchten, wie so viele andere, aus Angst vor den Taliban verzweifelt, das Land zu verlassen. Er stellte den Kontakt mit Amira wieder her. Die Söhne wussten bis dahin nicht, dass ihre Mutter noch am Leben war. Ihr Vater, Amiras Ehemann, war schon einige Jahre zuvor verstorben.

Obwohl die beiden Kinder sich unbegleitet in Afghanistan aufalten, mussten sie 26 Monate auf einen Termin zur Visumsbeantragung warten

Da Amira aufgrund der Verfolgung in Afghanistan in Deutschland der Flüchtlingsschutz zugesprochen wurde, erhielt sie ein Recht auf Familiennachzug der beiden minderjährigen Kinder. Nach dem Tod des Vaters und der Flucht von Amira hatten sie keine Familie mehr in Afghanistan. Doch obwohl die beiden Kinder sich unbegleitet und minderjährig in Afghanistan aufhielten, mussten sie 26 Monate auf einen Termin zur Visumsbeantragung warten. Der Termin sollte im November 2023 bei der Botschaft in Islamabad im Nachbarland Pakistan stattfinden - denn die Stellung des Visumantrags muss bei der zuständigen deutschen Botschaften persönlich erfolgen. Doch die beiden unbegleiteten Minderjährigen können nicht nach Pakistan ausreisen - sie haben keine Pässe und ohne Pässe lassen die pakistanischen Behörden sie nicht einreisen. Pässen können sie in Afghanistan leider nicht beantragen, da es dazu ein volljähriges, männliches Familienmitglied braucht. Und ein solches Familienmitglied gibt es nicht mehr in Afghanistan.

Weil es keine Möglichkeit zur digitalen Antragstellung gibt, bleiben die Kinder allein in Afghanistan zurück

Die Familie beschrieb der deutschen Botschaft diese Situation und bat darum, das Visumsverfahren auch ohne persönliche Vorsprache einzuleiten. Doch die deutsche Botschaft weigerte sich und verschob den Termin lediglich um zwei Wochen. Und das, obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) im April 2023 festgestellt hat, dass die europäischen Mitgliedsstaaten eine digitale Antragstellung bei Familiennachzugsverfahren ermöglichen müssen, wenn - genau wie bei Amiras Söhnen - sich die persönliche Vorsprache unmöglich oder übermäßig schwierig gestalten würde. Solange die deutsche Botschaft in Islamabad diese Möglichkeit zur digitalen Antragstellung jedoch nicht gewährt, können die Kinder ihr Familiennachzugsverfahren nicht fortführen und bleiben allein in Afghanistan zurück. Auch wenn die Minderjährigen rechtlich einen Anspruch auf Nachzug zu ihrer Mutter haben, wird ihnen dieser in der Praxis bis heute verwehrt.

"Ich bin eigentlich nie glücklich, weil meine Kinder nicht bei mir sind", sagt Amira. "Ich kann nicht richtig schlafen, weil meine Kinder in Gefahr sind. Wenn meine Kinder endlich kommen, habe ich keine Kopfschmerzen mehr."

Was muss passieren? Es ist untragbar, dass mangelnde Digitalisierung in deutschen Behörden Kinder von ihrer Mutter trennt. Die Bundesregierung muss ihr Versprechen einlösen und die Visaverfahren digitalisieren und beschleunigen.

Amira wird in ihrem Verfahren vom terre des hommes Projektpartner BBZ unterstützt.

 *Zum Schutz der Betroffenen wurde der Name geändert.

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