Kleinwaffen - Daten und Fakten
Kleinwaffen sind die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts: Die weitaus meisten Kriegsopfer, insbesondere unter der Zivilbevölkerung, werden durch Kleinwaffen getötet. Sie können bis zu 50 Jahre lang eingesetzt und auch von Kindern leicht bedient werden. Selbst wenn sie einst legal exportiert wurden, finden sie oft ihren Weg zu Terrorgruppen, Privatarmeen und Kriminellen. Deutschland ist einer der größten Hersteller und Exporteure von Kleinwaffen. Zu den Herstellern gehören Heckler & Koch, Rheinmetall, Diehl, Walther und Sig Sauer. Allein das G3-Sturmgewehr von Heckler & Koch ist mit zehn Millionen Exemplaren in mindestens 80 Ländern der Welt im Umlauf. Nur die Kalaschnikow ist noch weiter verbreitet. Mancherorts kostet eine Kalaschnikow nicht mehr als 30 US-Dollar - die Krisengebiete dieser Welt werden überschüttet mit solchen Billigwaffen und zugehöriger Munition.
Alle 14 Minuten stirbt ein Mensch allein durch Waffen des führenden deutschen Pistolen- und Gewehrherstellers Heckler & Koch. Die Schätzung des Rüstungsinformationsbüros Freiburg beruht im Wesentlichen auf dem Weltmarktanteil von Heckler und Koch bei Kleinwaffen und bekannten Schätzungen der Opferzahlen von Kleinwaffen in kriegerischen Konflikten (ca. 95 Prozent der Gesamtopferzahlen).
Die Rolle Deutschlands bei Waffenexporten
Deutschland spielt bei Produktion und Export von Kleinwaffen eine Hauptrolle. Die deutsche Rüstungsindustrie ist seit Jahren mit den USA, Russland, China und Frankreich einer der fünf größten Waffenexporteure. Unter den Exporten sind massenweise Kleinwaffen. Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) sind sechs der zehn bedeutendsten Exportnationen EU-Mitgliedsstaaten.
Gerade in Ländern mit vielen Kindersoldaten wie Irak, Afghanistan, Myanmar, Kolumbien, Jemen, Somalia oder Sudan gibt es massenweise Kleinwaffen deutschen Fabrikats, wie das Maschinengewehr MG3 von Rheinmetall, das Sturmgewehr G3 und die Maschinenpistole MP5 von Heckler & Koch, die Pistolen Walther P99 oder Sig Sauer SP 2022. Illegale bewaffnete Gruppen wie kolumbianische Paramilitärs, die Taliban oder der Islamische Staat, die für den massiven Einsatz von Kindersoldaten und weitere Gewalttaten verantwortlich sind, benutzen deutsche Fabrikate.
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate führen eine Militärkoalition aus zur Zeit acht Ländern an, die seit 2015 im Jemen Krieg führt. Laut Vereinten Nationen wurden wenigstens 8.000 Kinder in dem bewaffneten Konflikt getötet oder verstümmelt, fast die Hälfte davon, 3.550, von der saudisch geführten Militärkoalition. Außerdem hat die Militärkoalition weitere schwere Verletzungen von Kinderrechten begangen, wie z.B. Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser. Dennoch haben die Mitgliedsländer dieser Militärkoalition seit 2015 deutsche Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 6,4 Mrd. € für ein breites Spektrum an Waffensystemen, von Kleinwaffen bis hin zu Kampfflugzeugen, bekommen. Viele davon werden im Jemenkrieg eingesetzt. Solche Waffenexporte in Länder mit schweren Menschenrechtsverletzungen müssen gestoppt werden.
Forderungen und Ziele
Terre des Hommes setzt sich für ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz und ein grundsätzliches Rüstungsexportverbot im Grundgesetz ein. Als erster, dringendster Schritt müssen Exporte von Kleinwaffen und Munition generell gestoppt werden - egal ob sie durch Direktexport, Produktionslizenz, als Einzelteile oder als komplette Fabrikationsanlagen erfolgen. Denn sie sind leicht zu verstecken und zu transportieren und werden in großem Maße illegal gehandelt und weitergegeben. Deutsche Rüstungsgüter dürfen nicht in Krisen- und Konfliktregionen gelangen, weder legal noch illegal. Denn sie heizen dort Konflikte an und verursachen großes Leid.
Angesichts immer neuer deutscher Rüstungsexportrekorde und umfangreicher Lieferungen in Konfliktregionen ist es offensichtlich, dass die bestehenden Gesetze in Deutschland nicht ausreichen. Terre des Hommes setzt sich gemeinsam mit der »Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel« für die Einführung eines Rüstungsexportverbots im Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes ein. Es sollte sich um ein grundsätzliches Verbot mit einem sogenannten ausschließlichen Genehmigungsvorbehalt handeln, das heißt, dass Genehmigungen nur in klar definierten Ausnahmefällen möglich sind.
Es bedarf eines restriktives Rüstungsexportgesetz, das insbesondere folgende Punkte enthalten sollte:
- Stopp der Exporte von »Kleinwaffen und Leichten Waffen« (gemäß UN-Definition) und dazugehöriger Munition.
- Stopp der Rüstungsexporte an kriegführende Länder, Länder mit bewaffneten Konflikten oder schweren Menschen- und Kinderrechtsverletzungen.
- Insbesondere Stopp aller Rüstungsexporte in Länder, in denen eine der sechs schweren Kinderrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten stattfinden (gemäß UN-Definition): die Rekrutierung von Kindern als Soldaten, das Töten und Verstümmeln von Kindern, die Entführung von Kindern, sexuelle Gewalt gegen Kinder, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser, Verweigerung des Zugangs zu humanitärer Hilfe.
- Gesetzliche Verankerung der UN-Arbeitsdefinition für Kleinwaffen und leichte Waffen, damit künftig auch Pistolen, Handgranaten, alle Gewehrtypen, etc. erfasst werden. Dies ist laut internationalem Waffenhandelsabkommen verpflichtend.
- Keine Lizenzvergaben zum Nachbau deutscher Waffen und Munition im Ausland.
- Verpflichtende Kontrollen des Endverbleibs aller Rüstungsgüter und harte Sanktionen bei Verstößen.
- Keine bevorzugte Sonderbehandlung von NATO- und EU-Staaten, auch um den Re-Export von deutschen Waffen über solche Länder in Konfliktregionen zu verhindern.
- Keine Steuergelder für Rüstungsexporte: Keine Absicherung von Rüstungsgeschäften durch staatliche Kredite und Bürgschaften (wie Hermes-Bürgschaften).
- Stark verbesserte Transparenz und Berichtspflichten: Jede Rüstungsexportgenehmigung muss veröffentlicht und begründet werden.
- Klagerecht für Opfer und zivilgesellschaftliche Organisationen (Verbandsklagerecht).
- Gesetzliche Sorgfaltspflicht der Rüstungsunternehmen für Menschenrechte (Stichwort Lieferkettengesetz).
Da Deutschland für die Überschwemmung ganzer Regionen mit Kleinwaffen und anderen Rüstungsgütern in den letzten Jahrzehnten eine große Verantwortung hat, sollte es sich massiv für Abrüstung und Entwaffnungsprogramme einsetzen, politisch und finanziell.
Was Sie tun können
- Stellen Sie Fragen: Unter www.abgeordnetenwatch.de gibt es die Möglichkeit, Abgeordneten und Politiker*innen kritische Fragen zum Thema Waffenexporte zu stellen.
- Werden Sie aktiv bei der Aktion Aufschrei -Stoppt den Waffenhandel.
Ihr Ansprechpartner

Ralf Willinger
Referent Kinderrechte und Friedenskultur