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Zukunft für Kinder - und für ihre Gemeinschaft

Indonesien: Eine Schule für indigene Kinder

Wenn Begarak (10 Jahre) und Ngusor (12) lesen, schreiben und rechnen, sind ihre Taschenlampen nicht weit: Meist beginnt ihr Unterricht, wenn die Sonne über Sumatra allmählich untergeht.

Die beiden Jungen gehören zur indigenen Gruppe der »Orang Rimba«, der »Menschen des Dschungels« in Indonesien. Dass die Kinder der Gemeinschaft zur Schule gehen können, ist nicht selbstverständlich. Denn am Tag müssen sie bei der Feld- und Gartenarbeit helfen, manchmal auch beim Sammeln oder bei der Jagd. Einige Eltern erlauben es ihren Kindern gar nicht erst, zur Schule zu gehen, weil sie es als »Hindernis« für die täglichen Aufgaben ansehen. Mehr und mehr Familien verstehen allerdings, wie wichtig Bildung ist – nicht nur für die Kinder, sondern auch für den Fortbestand ihrer gesamten Kultur und Lebensweise.

»Uns Orang Rimba fehlt noch immer die Anerkennung durch Menschen außerhalb unserer Gemeinschaft«, berichtet Melak, 20 Jahre alt, »manche nennen uns ›Orang Kubu‹, um uns zu verhöhnen.« In der malaiischen Sprache hat »kubu« eine negative Bedeutung im Sinne von »primitiv« oder »dumm«. Die Orang Rimba leben im indonesischen Dschungel fernab der Moderne, ziehen von Ort zu Ort und haben in der Regel keine formelle Bildung. Das macht sie verwundbar: Außenstehende dringen in ihre angestammten Wälder ein, holzen sie ab und legen Palmölplantagen an. Immer wieder werden Orang Rimba angegriffen, vertrieben und verletzt. Viele wissen nicht, wie sie sich zur Wehr setzen können, was etwa durch Gesetze zum Schutz traditioneller Gemeinschaften durchaus möglich wäre. »Dabei sind wir doch alle gleich. Die Gemeinschaften des Dschungels haben ihre eigenen Bräuche, genauso wie die Menschen außerhalb des Dschungels ihre Bräuche haben«, sagt Melak.

Bildung hilft den Kindern, ihre Rechte durchzusetzen

Für ihn ist Bildung der Schlüssel, um mit Außenstehenden auf Augenhöhe zu sprechen und von ihnen respektiert zu werden. Er selbst hatte bereits die Chance, zur Schule zu gehen: 2005 eröffneten terre des hommes und die lokale Partnerorganisation »Sokola« die »Sokola Rimba« (»Dschungelschule«). Melak wurde mit zehn Jahren eingeschult. Heute, zehn Jahre später, unterrichtet er selbst dort. Die Schule hat es vielen Kindern erst möglich gemacht, lesen, schreiben und rechnen zu lernen, ohne ihre Heimat und ihre Identität aufgeben zu müssen. Der Unterricht findet hier in ihrer eigenen Sprache statt, und zwar auf eine Weise, die den Lehr- und Lernmethoden ihrer Kultur entspricht.

Zwar ist Melak klar, dass die Rechte der Kinder der Orang Rimba längst noch nicht vollständig erfüllt sind. Doch immerhin: Dank der Sokola Rimba kennen sie diese Rechte nun und wissen, wie sie sich – mit Recht und Gesetz – gegen Landräuber schützen können. Und sie haben völlig neue Chancen, eigene Wege zu gehen. »Ich wollte eigentlich Polizist werden. Mein Vater hat mir sogar schon seinen Segen gegeben«, sagt Melak. Nur hat er vorerst einen anderen Weg eingeschlagen, denn: »Wenn ich Polizist werde, könnte ich die Kinder hier ja nicht mehr unterrichten.«