Nepal: Ein selbstbestimmtes Leben für Mädchen und Frauen
Gita war fünf Jahre alt, als ihr Vater starb – und ihre Familie auseinanderbrach. Sie wurde von ihrer Schwester und ihrem Bruder getrennt, weil ihre Mutter die Kinder allein nicht ernähren konnte. Ein langer, harter Weg in eine ungewisse Zukunft begann.
Sechs Jahre verbrachte Gita in einem Kloster. Dann starb auch ihre Mutter. Gita kam zurück in ihr Heimatdorf, wo sie und ihre Geschwister nun vor dem Nichts standen. Das Elternhaus war baufällig und undicht, an vielen Tagen litten sie Hunger. Die älteste Schwester sorgte für Gita und ihren Bruder und ging arbeiten, um Lebensmittel und Schulgelder zu bezahlen. Aber das Geld reichte kaum.
Ihre Heimat, die Provinz Surkhet im Westen Nepals, ist extrem arm. Und Mädchen sind hier von klein auf schlechter gestellt als Jungen. Beides hat dramatische Folgen. Viele bekommen nie eine faire Chance auf Bildung. Häusliche und sexuelle Gewalt, Kinderheirat und Mädchenhandel sind weit verbreitet.
Gita aber bekam ihre Chance – und sie nutzte sie. Mit 15 Jahren ging sie zum ersten Mal zu einer Kindergruppe der Organisation »Aawaaj«*. Deren erklärtes Ziel: sich der Unterdrückung von Frauen entgegenzustellen und Kindern wie Gita zu helfen. Bei Aawaaj wurde Gita sich ihrer Stärken bewusst und begann, ihren Weg selbst zu bestimmen. Zum ersten Mal bekam sie auch die nötige Unterstützung: Stifte und Hefte für die Schule, Kleidung, Lebensmittel – und eine Ziege. »Ich züchte jetzt Ziegen, um die Kosten für die Schule zu decken«, sagt sie stolz.
Gita ist mittlerweile 18 Jahre alt. Sie wurde zur Sprecherin der Kindergruppe gewählt, die ihr damals geholfen hat. Hier gibt sie nun das weiter, was sie selbst bei Aawaaj gelernt hat. Nach der Schule möchte sie einen Job finden, in dem sie noch mehr Kinder darin unterstützen kann, ihr Leben selbst zu gestalten. Denn sie weiß jetzt, wie gut es sich anfühlt, eigene Entscheidungen treffen zu können.