30 Jahre Kinderrechte in Deutschland
Im April 1992 ist in Deutschland die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Kraft getreten. Damit hatte Deutschland sich verpflichtet, die die Rechte der Kinder auf Schutz, Förderung und Beteiligung umzusetzen. Zunächst allerdings mit einem Vorbehalt: Die Kinderrechte sollten nur für Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit gelten.
Erst im Jahr 2010 nahm die Bundesregierung diesen Vorbehalt zurück, seitdem gelten die Kinderrechte für alle Kinder, die in Deutschland leben, also auch für Kinder mit ausländischem Pass, geflüchtete oder staatenlose Kinder.
Die Umsetzung der Kinderrechtskonvention hat dazu beigetragen, dass Kinder in Politik und Gesellschaft stärker als relevante Anspruchsgruppe wahrgenommen werden. Einige wichtige Gesetzesänderungen konnten realisiert werden, etwa das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung im Jahr 2000. Fortschritte gab es auch beim Ausbau der Ganztagesbetreuung und durch den im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankerten Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung.
Kinder in Deutschland kommen dennoch viel zu häufig nicht in den Genuss ihrer Rechte:
- Die Interessen von Kindern werden nicht ausreichend berücksichtigt: Bis heute ist es nicht gelungen, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Die Stimmen von Kindern und Jugendlichen werden nicht systematisch gehört, ihre Interessen fallen zu häufig unter den Tisch: In vielen Ressorts gibt es bestenfalls erste Ansätze, Kinder zu beteiligen oder das Kindeswohl in Planungen und Entscheidungen einzubeziehen: In der Wirtschaftspolitik, ebenso wie bei Verkehr, Städteplanung oder Umwelt. Zwar haben Kommunen und Schulen Kinderparlamente eingeführt, systematisch beteiligt werden Kinder allerdings kaum. Besonders in Krisen rücken die Interessen von Kindern in den Hintergrund, wie zuletzt während der Corona-Pandemie.
- Kinderarmut und ungleiche Bildungschancen führen zu massiver Benachteiligung: Jedes fünfte Kind in Deutschland ist arm. Die Corona-Pandemie und die zurzeit steigenden Preise aufgrund des Krieges gegen die Ukraine verschärfen die Situation. Die Bundesregierung hat die Kindergrundsicherung angekündigt, bisher aber noch keine konkreten Vorschläge vorgelegt.
- Schläge, Demütigungen oder sexualisierte Gewalt gehören für viele Kinder zum Alltag. Inzwischen engagieren sich Polizei und Staatsanwaltschaften stärker, Jugendämter und Schutzeinrichtungen arbeiten häufig besser zusammen, Kitas und Schulen sind stärker sensibilisiert. Allerdings reichen diese Anstrengungen nicht, um Kinder wirksam vor Gewalt zu schützen und allen Opfern ausreichende psychosoziale Unterstützung zu geben.
terre des hommes setzt sich für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein, kämpft gegen Gewalt und fordert gleiche Chancen für benachteiligte Kinder und Jugendliche.
05.04.2022