»Die Umwelt retten oder weiter studieren? Wie würdest du entscheiden?«
Angel droht aufgrund ihres Engagements der Ausschluss aus dem Studium
Verschwindenlassen, willkürliche Inhaftierungen, Drohungen – philippinische Aktivist*innen leben gefährlich. Felipe García*, Direktor einer Kinderrechtsorganisation, berichtet, wie selbst junge Aktivist*innen von Polizei und Militär unter Druck gesetzt werden.
»Sich für seine Rechte stark zu machen, ist gefährlich. Red Tagging nennen wir es, wenn Polizei oder Militär jemandem vorwerfen, der kommunistischen Partei und der New People's Army (NPA), ihrem bewaffneten Arm, nahe zu stehen. Durch Red Tagging wird die Person zum Freiwild, denn Kommunist*innen gelten als Staatsfeinde. Erst kürzlich wurde Angel* dieser Vorwurf gemacht, einer jungen Frau aus unserem Netzwerk.
Angel ist 20. Seit der Grundschule setzt sie sich für Umweltschutz ein. Heute studiert sie und ist eine wichtige Stimme für Klimagerechtigkeit. Der Grund für den Angriff gegen sie ist ihr Engagement für den Schutz eines Flusses. Dort wird Sand und Kies abgebaut. Dafür gibt es feste Quoten. Wird nämlich zu viel abgebaut, hat das gravierende Auswirkungen: Laichgebiete werden zerstört, zusätzliches Algenwachstum kann das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen. Oft kommt es zu Überschwemmungen. In Flussdeltas höhlt der Sandabbau den natürlichen Küstenschutz aus. Doch die wenigsten halten sich an die offiziellen Mengen. Abgebaut wird rund um die Uhr.
Soll sich Angel dem Druck beugen?
Jede Tonne Sand erhöht den Gewinn. Eigentlich werden die Arbeiten staatlich überwacht. Doch Politik und Wirtschaft sind eng verflochten. In Angels Fall gehört die Abbaufirma dem Gouverneur der Provinz. Der Bürgermeister ist sein Sohn. Angel gab Interviews im Fernsehen, informierte auf Social Media über die überschrittene Fördermenge und erinnerte die Aufsichtsbehörde an ihre Verpflichtung – bis ihre Ausbilder*innen an der Hochschule ihr vorwarfen, der kommunistischen Partei nahe zu stehen. Unter ihnen sind ehemalige Polizist*innen und Militärs. Sie drohten ihr: Wenn sie ihr Engagement nicht einstelle, dürfe sie nicht weiterstudieren. Dass sie nur dank eines Stipendiums zur Uni gehen kann, setzt sie weiter unter Druck. Wie würdest du dich entscheiden?«
* Die Namen wurden aus Sicherheitsgründen geändert.
18.10.2023