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Flüchtlingspolitik

Über die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit sind minderjährig. Die Abschiebehaft für minderjährige Flüchtlinge und die Unterbringung in Sammelunterkünften widersprechen dem Kindeswohl. Sprechen Sie sich für die Abschaffung der Abschiebehaft und gegen Sammelunterkünfte für minderjährige Flüchtlinge aus?

Alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden in Deutschland von den örtlichen Jugendämtern in Obhut genommen und zumeist nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Auch bei – im Ausländer- und Asylverfahren grundsätzlich verfahrensfähigen – 16- und 17-Jährigen findet in der Praxis eine länderübergreifende Verteilung praktisch nicht mehr statt, so dass auch hier unmittelbar eine Inobhutnahme durch das Jugendamt erfolgt und auch für diese Gruppe zumeist eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften entfällt.4Für Minderjährige gilt, dass die Abschiebungshaft nur in besonderen Ausnahmefällen angeordnet werden darf. In der Praxis ist die Abschiebungshaft von Minderjährigen die absolute Ausnahme. Zudem gelten für Minderjährige – sollte es einmal zu einer Abschiebungshaftmaßnahme kommen – besondere Haftbedingungen, bei denen alterstypische Belange berücksichtigt werden. Bei Minderjährigen ist vorrangig die Unterbringung auf andere Art und Weise als in Haft, zum Beispiel in der geschlossenen Jugendhilfe, zu erwägen.

Dem Kindeswohl wird ein besonderes Gewicht im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Abschiebungshaft eingeräumt. Auch Minderjährige haben das Recht, mit Rechtsvertretern Kontakt aufzunehmen. Darüber hinaus stellen die Ausländerbehörden die rechtliche Beratung, insbesondere auch in der Abschiebungshaftanstalt, sicher.

 

Halten Sie die Einführung eines geregelten und am Kindeswohl orientierten Verfahrens zur Altersfestsetzung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen für nötig?

Fragen der Bestimmung des Alters und der rechtlich verbindlichen Festlegung des Lebensalters sind regelungsbedürftig. Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen das tatsächliche Lebensalter zum Teil deutlich über dem angegebenen Alter liegt. Eine sachgerechte Regelung für das Verfahren der Altersfestsetzung muss daher gefunden werden.

 

Wie stehen Sie zur geltenden asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahrensfähigkeit bei Flüchtlingen ab deren 16. Geburtstag?

Die Verfahrensfähigkeit im ausländer- und asylrechtlichen Verfahren ab 16 Jahren entspricht den geltenden europarechtlichen Vorschriften. Die Belange der Minderjährigen werden dabei in besonderem Maße berücksichtigt. Die Grenzbehörde unterrichtet das Jugendamt über unbegleitete Minderjährige, die Asyl begehren. Das Jugendamt nimmt grundsätzlich die sorgeberechtigte Betreuung wahr und bestellt für die aufenthalts- und asylrechtliche Vertretung des Minderjährigen einen fachkundigen Ergänzungspfleger.

Die Asylverfahren werden in Deutschland mit großer Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Minderjährigen durchgeführt. Insbesondere werden bei allen unter 18-Jährigen speziell geschulte Entscheider eingesetzt; die Anhörungen werden kindgerecht gestaltet. Es gibt im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) derzeit rund 80 Sonderbeauftragte für unbegleitete Minderjährige, rund 40 für Traumatisierte und Folteropfer sowie ebenfalls rund 40 Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifisch Verfolgte. Dadurch ist sichergestellt, dass, wenn Anzeichen für eine Traumatisierung im Asylverfahren erkannt werden, entsprechende Hilfen eingeleitet werden können. Durch die Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie wird der Schutz der Minderjährigen noch weiter gestärkt. Die EU-Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass ein unbegleiteter Minderjähriger in allen Verfahren, die in dieser Verordnung vorgesehen sind, von einem Vertreter unterstützt wird, der über entsprechende Qualifikationen und Fachkenntnisse verfügt. Es bedarf noch näherer Prüfung, wie diese Richtlinienvorgaben in Deutschland umzusetzen sein werden.

Für Kinder und Jugendliche gelten auch außerhalb des Asylverfahrens die allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Schutzstandards. Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet aufgrund humanitärer Gründe – zum Beispiel einer Erkrankung des Kindes oder eines Elternteiles – geboten ist. Dasselbe gilt, wenn sich Minderjährige ohne ihre Eltern im Bundesgebiet aufhalten und eine kindgerechte Inobhutnahme im Heimatstaat nicht gewährleistet erscheint.

Darüber hinaus haben CDU und CSU mit der zum 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Regelung des § 25a Aufenthaltsgesetz ein spezielles Aufenthaltsrecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende geschaffen. Danach kann geduldeten Kindern und Jugendlichen auch unabhängig von den genannten humanitären Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt werden, wenn diese in Deutschland geboren wurden oder vor Vollendung des 14. Lebensjahres eingereist sind und sechs Jahre erfolgreich in Deutschland die Schule besucht oder hier einen Schul- oder Berufsabschluss erworben haben.

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