Präsidium hat neuen Vorsitzenden
Udo Hentrich ist promovierter Politikwissenschaftler und war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Anfang 2025 als Lehrer an einem Berufskolleg im Rhein-Kreis Neuss tätig. Er hatte sich außerdem lange Zeit im Ruhrgebiet in der Arbeiterwohlfahrt in verschiedenen Funktionen engagiert. Auf der Mitgliederversammlung im September wurde er zum neuen Vorsitzenden des Präsidiums gewählt. Mitarbeiterin Sandra Fenkl sprach dort mit ihm über seine Motivation und die Ziele seiner Arbeit im neuen Amt.
Sandra Fenkl: Udo, meinen herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Amt. Das war ein langer Weg vom ersten Kontakt mit Terre des Hommes bis heute, nicht wahr?
Udo Hentrich: Ja, ich kenne Terre des Hommes schon seit meinem Studium, doch meine beruflichen Verpflichtungen ließen mir keine Zeit für eine Mitarbeit bei euch; ich beschränkte mich aufs Spenden. Vor vier Jahren traf ich dann auf die Gruppe Neuss/Düsseldorf und schloss mich ihr an. Daraus entwickelten sich wunderbare Freundschaften. Der Sprecher unserer Gruppe inspirierte mich dann im vergangenen Jahr, für das Präsidium von Terre des Hommes zu kandidieren. Dass ich nun nach einem Jahr der Zugehörigkeit zum Präsidium zum Vorsitzenden gewählt wurde, darüber freue ich mich sehr. Ich möchte in schwieriger werdenden Zeiten mit den ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen für Kinder vieles bewegen und Terre des Hommes weiter voranbringen.
Was unterscheidet Terre des Hommes deiner Meinung nach von anderen gemeinnützigen Organisationen?
Terre des Hommes ist eine Bürgerbewegung. Niemand wird in starre Vereinsregeln gesteckt, die Gruppen sind autonom, können ihre Ideen und Aktionen frei umsetzen: Einige organisieren Kunstauktionen, Quizabende, Basare, andere sprechen direkt mit Politiker*innen ihres Wahlkreises, halten Vorträge an Schulen oder der Volkshochschule, gestalten Ausstellungen in Bibliotheken oder Volkshochschulen, initiieren Infostände und Aktionstage, wieder andere stricken Socken und verkaufen sie auf dem Weihnachtsmarkt. Ein buntes Kaleidoskop verschiedenster Aktivitäten. Das ist einfach nur toll! Auch ich bin, neben meinem neuen Amt, weiterhin in der Gruppe Neuss/Düsseldorf aktiv und freue mich über unseren vielfältigen Einsatz für Kinder wie z.B. die Unterstützung des Kinderrechtsteams in Neuss.
Was sind die größten Herausforderungen für Terre des Hommes vor dem Hintergrund zunehmender politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungen?
In diesen Bereichen ist es zu deutlichen Verschiebungen gekommen. Traditionelle Strukturen und Mehrheiten in der Politik lösen sich auf, das Vertrauen in Politik und in zivilgesellschaftliche Organisationen schwindet. Wir müssen schauen, wie wir die Menschen für unsere Ziele noch gewinnen können. Ein erster Schritt ist: Wir sollten unsere Erfolge – und davon gibt es viele – besser kommunizieren. Mehr Menschen sollten wissen, dass unsere Projektarbeit wirkt und dass wir die Welt von Kindern tatsächlich verbessern können – ob als Spender*in oder in der ehrenamtlichen Mitarbeit.
Welche Akzente wirst du in deinem Amt setzen?
Ein ganz wichtiger und zentraler Aspekt ist für mich die Stärkung der Kinderrechte. Das beginnt damit, dass ich das Thema noch stärker in die Öffentlichkeit bringen möchte. Zu den Kinderrechten ist Terre des Hommes gerade dabei, eine moderne Ausstellung zu konzipieren, die in Kürze der Öffentlichkeit vorgestellt werden wird. Zum Internationalen Tag der Kinderrechte werde ich mit dieser Ausstellung in Düsseldorf in der Zentralbibliothek vertreten sein. Außerdem stehen für 2026 schon zahlreiche Vorträge zu Thema Kinderrechte an.
Ein anderer Schwerpunkt meiner Arbeit als Vorsitzender ist die Förderung der Demokratie in unserer Gesellschaft. Es erschreckt mich zu sehen, dass antidemokratische und fundamentalistische Kräfte in unserer Gesellschaft zunehmend an Einfluss gewinnen. Ich schätze unsere liberale und freiheitliche Demokratie sehr und möchte mit meinem Engagement dazu beitragen, dass unsere Kinder in einer Demokratie leben können, in der Freiheit, Menschenrechte und Kinderrechte hohe Werte und Rechtsgüter sind.
Ein dritter Schwerpunkt ist für mich Bildung in einem sehr umfassenden Sinn. Als ehemaliger Lehrer betrachte ich Bildung als Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Gleichzeitig ist Bildung der beste Schutz gegen fragwürdige Ideologien. Im Bereich der schulischen Bildung gibt es in Deutschland enorme Herausforderungen, da z.B. immer mehr junge Menschen ohne Schulabschluss die Schule verlassen. Das sollte nicht sein und es gilt, daran etwas zu ändern.
»In meinem Berufsleben habe ich fast ausschließlich mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen gearbeitet und bin deshalb sehr froh, mich bei Terre des Hommes in einem sozialen Verein engagieren zu können, der sich für die Rechte von Kindern einsetzt.«