Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Bei den Nebelfängern

 

Heute gehen wir mit Roxanna von LABOR auf Tour zu einem Aufforstungsprojekt in der Loma von Tacahuay. Eine Loma ist eine Landschaft, die nur im Winter grün ist, wenn es Küstennebel gibt. Im Sommer trocknet sie vollständig aus. Alle Pflanzen, die dort leben, haben sich diesen extremen Bedingungen angepasst. Vor noch rund zweihundert Jahren waren die jetzt vollständig kahlen Hügel mit Tarras, kleinen struppigen, dornigen Bäumen bewachsen, die eine dünne Vegetationsdecke geschützt haben. Ihnen reichte der Winternebel zum Überleben. Die Tarras wurden jedoch praktisch vollständig abgeholzt, um Holzkohle zu gewinnen. Ein zum Schlechteren verändertes Mikroklima und eine starke Erosion waren die Folge.

LABOR möchte uns zeigen, wie sie zusammen mit Jugendlichen und Kindern die Tarras wieder zu ihrem angestammten Lebensraum verhelfen. Und so fahren wir - begleitet von 10 Mitgliedern des Jugendnetzwerks - nach Tacahuay. Dort beginnt der steile Aufstieg von mehr als 200 Meter über den nackten Hügel. Endlich oben angekommen, begrüßen wir unter Anleitung von unserer Mitreisenden Elisabeth den Berg mit einem kleinen Ritual.

Vom Biologen Martin, der das Projekt betreut, lernen wir, dass hier inzwischen 1.200 Bäume gepflanzt wurden und 600 noch fehlen. Tarra-Bäume sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Wiedergewinnung der Vegetation. Ein Tarra-Baum kann etwa 1.000 Jahre alt werden. Die hier auf dem Foto sind etwa 200 Jahre alt.  

Damit er gut anwächst, sollte der Baum zwei bis vier Jahre fortlaufend genügend Wasser erhalten. Dafür wurden im Sommer zunächst Unmengen von Wasser auf den Hügel gefahren. Dann hatte unser Projektpartner LABOR die Idee, das Wasser im Winter vor Ort aus dem Nebel zu gewinnen. In einem Reservoir wird das Wasser zwischengelagert und läuft dann bei Bedarf durch Leitungen für eine gezielte Tröpfchenbewässerung zu jedem einzelnen Bäumchen. So wurden unter anderem von den Jugendlichen 560 m2 Nebelfänger, ein 300 qm großes Pufferbecken und Wasserleitungen gebaut bzw. verlegt. Bevor wir den Aufstieg zu den Nebelfängern in Angriff nehmen, gibt es noch eine Zeremonie, die uns mit Berg, Wasser, Tarra und den Berggeistern verbinden soll. Dazu werden ein paar Gegenstände auf ein buntes Tuch gelegt: Muscheln für das Meer, eine Kerze und Wasser in einem alten Steinkrug mit den Motiven der Indios, die hier in präinkaischer Zeit gelebt haben. Dazu ein Tarra-Bäumchen, das wir gleich einpflanzen sollen.

Nun heißt es, sich zu konzentrieren und gute Wünsche zu denken. Anders als in Ayacucho wird diese Zeremonie mit Musik aus einem tragbaren Lautsprecher und einem Fotografier-Reigen der Jugendlichen begleitet. Am Ende gibt es für jeden eine Halskette mit einer besonderen Muschel und jede Menge Umarmungen.

Dann geht's ans Pflanzen eines Setzlings. Ein Pflanzloch ist vorbereitet, ebenso die Bewässerungsleitung. Wir bemühnen uns das zarte Pflänzchen einzupflanzen, doch dann passiert's: Die Spitze des Bäumchens bricht ab. Martin, der Biologe und Projektbetreuer, tröstet uns mit dem Hinweis, dass es jetzt besonders buschig wachsen und deshalb besonders viel Nebel ernten wird. Vielleicht sollten wir in 200 Jahren noch einmal wiederkommen und nachschauen…

Roxanna, unsere Tour-Begleiterin, und die Jugendlichen haben ein kleines Picknick vorbereitet, das wir vor dem weiteren Aufstieg zu den Nebelfängern genießen. Gestärkt machen wir uns an den Aufstieg, der steiler, aber dafür kürzer sein soll. 

Die Nebelfänger sind riesig. Wir hatten von unten schon die mit Textil bespannten Flächen im Nebel auf dem Berg verschwinden sehen. Doch ihre tatsächliche Größe erschließt sich erst in der Höhe richtig. An den textilen Flächen kondensiert der Nebel zu kleinen Tröpfchen, die in Leitungen aufgefangen werden. Sie landen von dort in dem 300 m3 großen Reservoir, das im Sommer die Bewässerung der Bäumchen speist. Am Tag können so bis zu 40 m3 Wasser gewonnen werden. Im Augenblick ist die Ausbeute aber recht gering, so dass alle auf das Strömungs-Phänomen »El Nino« hoffen, das die Küsten Perus in Kaltwasserzonen verwandelt.

Nachmittags treffen wir uns mit Roxanna im örtlichen Büro von LABOR. Zu uns gesellen sich auch Juan und Luis vom örtlichen Umweltschutz-Beirat. Sie berichten uns von ihren Aktivitäten bezüglich der Southern Peru-Fabrik, einer Kupferhütte in nordamerikanischem Besitz. Im Anschluss entspinnt sich eine lange Diskussion über die Vor- und Nachteile bürgerschaftlichen Engagements. Auch werden wir nach unseren Beweggründen gefragt, die uns in unserer Arbeit anspornen. Es ist ganz einfach: die Lust am Leben. 

Bleiben Sie doch noch einen Moment –
und abonnieren Sie unseren Newsletter!

Jetzt anmelden!

Bleiben Sie informiert.
Abonnieren Sie unseren Newsletter!

Jetzt anmelden!