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Corona-Krise: Millionen Textilarbeiterinnen ohne Einkommen

Veambu, 25 Jahre alt, ist völlig verzweifelt: »Wir haben kein Geld mehr. Wir können nichts mehr zu essen kaufen. Wir können die Miete nicht bezahlen, den Strom und das Wasser. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie es weitergehen soll.«

Die junge Frau und ihr Ehemann haben bis zur Ausgangssperre, die in Indien am 23. März aufgrund der Corona-Krise verhängt wurde, in einer Baumwollspinnerei gearbeitet. Sie haben nicht viel verdient, kamen zu zweit aber über die Runden. »Wir konnten ein paar Rupees sparen, aber das mussten wir jetzt schon für Essen ausgeben«, sagt Veambu. Kritisch wurde ihre Situation schon Ende Februar: Die Spinnerei hatte bereits weniger Aufträge und schloss für einige Tage. Die Arbeiter wurden nicht bezahlt. Auch der Lohn für März steht noch aus. Veambu und andere Textilarbeiterinnen bekommen auch keine Hilfe von staatlichen Stellen: Da sie bis jetzt nicht als arm gemeldet waren, bekommen sie keine Lebensmittelkarten.

terre des hommes-Projektpartner Prithiviraj Sinnathambi, Direktor der Organisation Care-T, ist seit Wochen im Dauergespräch mit Behörden und Politikern: »Wir fordern, dass die staatliche Hilfe jetzt unbürokratisch und schnell den Textilarbeiterinnen zugutekommt. Sie müssen wenigstens Lebensmittel erhalten.« Care-T appelliert an Unternehmer, damit sie ausstehende Löhne auszahlen. Das Netzwerk der Hilfsorganisationen in Tamil Nadu hat einen dringenden Appell an den indischen Ministerpräsidenten geschickt. Sie hoffen, dass die Regierung reagiert. Bis es soweit ist, verteilt Care-T Lebensmittelpakete, informiert über das Corona-Virus, macht Mut. Allen Betroffenen helfen kann allerdings nur der Staat: Allein in Tamil Nadu arbeiten 3,3 Millionen Menschen in der Textilindustrie. Spinnereien, Färbereien und Nähereien sind geschlossen. Bereits jetzt ist klar, dass es nach der Aufhebung der Ausgangssperre nur noch für wenige Arbeit geben wird: Laut AEPC (Apparel Export Promotion Council, der indische Exportverband) wurden bereits 75 Prozent der Aufträge storniert. Eigentlich würde in den kommenden Wochen die Ware für die nächste Saison gefertigt: Für den Schulanfang nach den Sommerferien in Europa und den USA, für die Herbst- und Winterbekleidung. Ähnlich sieht es in Bangladesch und Pakistan aus: In Pakistan sind 15 Millionen Textilarbeiter betroffen, etwa 30 Prozent aller arbeitenden Menschen. In Bangladesch wurden nach Auskunft des Arbeitgeberverbandes bis jetzt Aufträge im Wert von 2,9 Milliarden US-Dollar storniert, eine Million Arbeiterinnen wurden entlassen.

Auch wenn in den großen Absatzmärkten, in Europa und den USA die Geschäfte wieder öffnen, wird es für die Textilindustrie nicht schnell wieder aufwärtsgehen: Aufgrund der Pandemie rechnet der Handel mit deutlich sinkenden Umsätzen in Europa und den USA. Denn auch in den Konsumentenländern sinken die Einkommen vieler Menschen und die Arbeitslosigkeit steigt.

09.04.2020

Lesen Sie auch: »Näherinnen in Not«, Frankfurter Rundschau vom 08.04.2020

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