Rekrutierung Minderjähriger durch die Bundeswehr
Die Vereinten Nationen haben das Prinzip »Straight 18/Erst ab 18« für die Rekrutierung Armeeangehöriger verankert. Deutschland gehört zu den wenigen Staaten, die dagegen verstoßen. Werden Bündnis 90/Die Grünen sich dafür einsetzen, dass das Rekrutierungsalter bei der Bundeswehr entsprechend den Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes auf 18 Jahre angehoben und eine freiwillige Rekrutierung von unter 18-Jährigen ausgeschlossen wird?
Minderjährige verdienen unseren besonderen Schutz. Aus diesem Grund setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen jegliche Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten und gegen ihre Rekrutierung in militärische oder paramilitärische Organisationen ein. Unsere Bundestagsfraktion hat unsere Haltung zur Rekrutierung Minderjähriger in der Bundeswehr in einem eigenen Bundestagsantrag (Bundestagsdrucksache 17/7772) deutlich gemacht. Darin forderte sie die Bundesregierung – leider vergeblich – auf:
1.) künftig auf die Rekrutierung Minderjähriger für den Dienst bei der Bundeswehr zu verzichten und dies auch gesetzlich zu verankern und
2.) bis zum Inkrafttreten der Regelung bei Minderjährigen in der Bundeswehr auf die Ausbildung im Umgang mit Waffen zu verzichten.
Wie stehen Bündnis 90/Die Grünen zur Werbung der Bundeswehr bei Minderjährigen, etwa in Schulen und in Jugendmedien? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Militärwerbung an Schulen unterbleibt und dass Besuche von Soldaten an Schulen an klare Regeln (zum Beispiel Alter der Schüler, Hinweise auf gefährliche Einsätze, Kontroversität) geknüpft werden?
Die Bundeswehr sieht sich nach der Abschaffung der Wehrpflicht einem verstärkten Wettbewerb um gute Nachwuchskräfte ausgesetzt. Diese Konkurrenzsituation darf dennoch nicht eine Entgrenzung in der Nachwuchswerbung nach sich ziehen. Gezielte Nachwuchswerbung mit Minderjährigen als Zielgruppe bis hin zur Rekrutierung durch die Bundeswehr an Schulen lehnen wir Bündnisgrüne entschieden ab. Im Rahmen des Unterrichts zur Thematik der Friedens- und Sicherheitspolitik Deutschlands greifen LehrerInnen in allen Bundesländern auf das Angebot der Jugendoffiziere zurück, in den Unterricht zu kommen. Diese Präsenz von BundeswehrvertreterInnen ist immer wieder Gegenstand von Kritik und diese Kritik muss ernst genommen werden.
Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung. Um den Anspruch der Transparenz zu erfüllen, muss von Anfang an klar sein, welche Ziele mit der Außenkommunikation verfolgt werden. Daher muss zwischen Informationsarbeit und Nachwuchswerbung eine eindeutige Unterscheidung getroffen werden. In der Bundeswehr gibt es organisatorisch bereits eine strikte Trennung dieser verschiedenen Kommunikationsziele: Jugendoffiziere einerseits und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wehrdienstberatung andererseits. Grundsätzlich haben sich die Jugendoffiziere dazu verpflichtet, keine Nachwuchsgewinnung zu betreiben. Das muss eingehalten werden.
Darüber hinaus ist die Einhaltung des Kontroversitätsgebots, des Überwältigungsverbot und des Gebotes der Wahrung von SchülerInneninteressen des Beutelsbacher Konsenses zu befolgen. Grundsätzlich sollten Besuche von Jugendoffizieren an Schulen daher, wenn überhaupt, nur im Rahmen von kritischen Diskussionen zum Beispiel mit VertreterInnen der Friedensbewegung stattfinden.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Friedenserziehung bundesweit in den Schullehrplänen verankert wird und in der Lehrerausbildung verpflichtend gelehrt wird?
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehen davon aus, dass die Thematik »Friedensbildung« in allen Altersstufen in unterschiedlichen Schulfächern und auch im Schulalltag bearbeitet wird. Auf Bundesebene respektiert unsere Partei die Länderkompetenz in der Schulpolitik und unterstützt daher kein eigenes Schulfach »Friedensbildung«, sondern überlässt es den Ländern, wie sie Bildung im Sinne des Friedens in ihren jeweiligen Lehrplänen umsetzt.
Wir halten es aufgrund der föderalen Kompetenzordnung nicht für möglich, dass eine Bundesregierung in die schulische, berufliche und wissenschaftliche Ausbildung eingreift und dort Friedenspädagogik und Friedensforschung in Theorie und Praxis integriert. Ihr steht allerdings offen, die Friedensforschung durch Bundesmittel zu unterstützen. Dafür hat die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seit Jahren gefordert, das Stiftungskapital der Deutschen Stiftung Friedensforschung um 5 Millionen Euro aufzustocken, damit diese als zentrales Element eines krisenpräventiven Politikansatzes die Ursachen und Hintergründe von Krisen erforschen und Perspektiven aufzeigen kann, wie gewaltsame Auseinandersetzungen verhindert und Frieden erhalten werden können. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat diese Anträge mit ihrer Mehrheit jedes Mal abgelehnt.