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Der Weg zurück – der Weg nach vorn

Die Organisation »STAN« stärkt junges demokratisches Engagement in der Ukraine


Was folgt nach einer Jugend im Krieg? Die Organisation STAN unterstützt engagierte Jugendliche dabei, schon heute die Grundlage für eine Zukunft in einer freien und demokratischen Ukraine zu legen. Viele sind Binnenvertriebene, die auf den Wiederaufbau ihrer Heimatorte hoffen.



Mehr als drei Jahre dauert der Krieg in der gesamten Ukraine nun an. Die nicht abreißenden Angriffe Russlands bedeuten auch: Eine Generation von Teenagern und Jugendlichen wird – mit der Erfahrung von Krieg, Zerstörung, Vertreibung und Entwurzelung – erwachsen.

Während die Kämpfe schwerwiegende Folgen für praktisch alle Bevölkerungsgruppen haben, bilden Heranwachsende eine besonders vulnerable Gruppe. Für viele liegt die unmittelbare, absehbare Zukunft in der Armee. Viele weitere stehen vor unsicheren Bildungswegen, während sie viel zu früh Rollen übernehmen, die in anderen Zeiten von Erwachsenen gefüllt würden. Sie kümmern sich allein um Geschwister, übernehmen Jobs, helfen bei Aufbauarbeiten oder dem Verteilen von Hilfsgütern. Ihre Eltern kämpfen an der Front, mussten in anderen Teilen des Landes bleiben oder wurden im Krieg getötet.

Die meisten Jugendlichen sind in Trauer oder Sorge um Freunde oder Angehörige, oft durch die militärische Front von ihnen getrennt. Die wenigsten haben die Chance, sich ihrem Alter entsprechend zu entfalten, eigene Ideen zu entwickeln, Zukunftspläne zu schmieden. Für alle ist es umso wichtiger, nicht aus den Augen zu verlieren, worauf die Hoffnungen nach einem Ende des Krieges ruhen: dem Traum von einer freien, sicheren und demokratischen Ukraine.

Das Fundament einer demokratischen Zukunft

Die Terre des Hommes-Partnerorganisation »STAN« versucht, einigen dieser Jugendlichen Unterstützung und neue Anlaufstellen zu bieten. Dazu wird ein Netzwerk von engagierten Jugendlichen aufgebaut, die sich schon heute proaktiv für Partizipation und Demokratie einsetzen. Die Teilnehmer*innen lernen etwas über Jugendaktivismus und Menschenrechte, Konfliktlösung und Übergangsjustiz, Gleichheit und Toleranz, Minderheiten- und LGBTQ+-Rechte, Diversität, Inklusion und interkulturellen Dialog. Zu diesem Zweck unterstützt STAN acht Basisinitiativen zum sozialen Zusammenhalt in der Westukraine. Bei Bedarf finden die Teilnehmenden auch Hilfe für die eigene psychische Gesundheit.

»Ich weiß, dass vielleicht Jahre vergehen, bis viele der Ideen, die wir haben, endlich umgesetzt werden«, sagt Kateryna Shulakova, eine der Teilnehmerinnen von STAN. Die Studentin der Informatik in Kiew hat eine Projektidee für ein Dekolonisierungsforum eingebracht – in ihrer Heimatregion Luhansk, die heute weitgehend unter russischer Besatzung steht.

»Das sind die Gedanken für die ferne Zukunft, aber sie sind mir so wichtig. Früher habe ich mal davon geträumt, in eine größere Stadt zu ziehen. Jetzt, wo ich in Kiew bin, verstehe ich erst so richtig, welchen Wert unser Wort auf lokaler Ebene haben kann. Den größten Einfluss haben wir da, wo wir die meiste Zeit unseres Lebens verbracht haben.«

Junge Menschen wie Kateryna bilden die größte Gruppe der STAN-Teilnehmenden: Jugendliche, die innerhalb der Ukraine vertrieben wurden, oft aus dem Süden oder Osten des Landes. Das Projekt wird hauptsächlich in Wolodymyr nahe der polnischen Grenze umgesetzt, einer der Städte und Regionen, die seit 2022 einen enormen Zustrom von Binnenvertriebenen aufgenommen haben.

»Viele Menschen wollen zurückkehren.«

Ein zweiter Schwerpunkt des Projekts ist daher der Dialog mit und die Akzeptanz für kulturelle Minderheiten, die Konfliktprävention und die Förderung des Verständnisses zwischen verschiedenen Gruppen und Generationen.  Es ist ein Vorgeschmack auf eine vielfältige, multikulturelle Zukunft. Und gleichzeitig eine Momentaufnahme: Viele Binnenvertriebene hoffen, dass sie eines Tages ihren Weg zurückfinden und ihre Heimatorte wieder aufbauen können.

»Viele Jugendliche sind in neue Städten, neue Länder gezogen. Aber unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es einen Ort gibt, an den sie zurückkehren können, einen Ort mit Perspektiven«, so Kateryna, »Für meine Eltern, für die Menschen, die ich kenne... Für uns alle wäre es so wichtig, zurückzukommen und die Stadt wieder aufzubauen. Viele Menschen wollen zurückkehren. Ich hoffe das Beste. Ich hoffe, dass das irgendwann wahr wird.«


07.02.2025