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Puebla: Ricardos Rückkehr

Vielleicht trieb ihn der Hunger. Vielleicht war es auch die bunte Verlockung in den Supermarktregalen, der Ricardo nicht widerstehen konnte. Als er das zweite Mal mit geklauten Lebensmitteln erwischt wurde, nahm das Verhängnis seinen Lauf. Der damals Zwölfjährige kam in eine Jugenderziehungsanstalt. Das allein hätte ihn womöglich nicht aus der Bahn geworfen. Doch in der Anstalt wurde Ricardo von den Wärtern sexuell missbraucht. Als er nach fast einem Jahr wieder freikam, traute er sich nicht mehr nach Hause – aus Scham und aus Angst, zurückgewiesen zu werden. Er blieb auf der Straße. Der Klebstoff, den er schnüffelte, half, zu vergessen. Bis zu dem Tag, als ihn die Streetworker ansprachen und in der Casa Juconi, einem Haus für Straßenkinder, unterbrachten.

Das Projekt Juconi, das von terre des hommes und der Initiative »Eine Stunde für die Zukunft« des Volkswagen Konzernbetriebsrates unterstützt wird, kümmert sich um Kinder auf der Straße. Der Schwerpunkt liegt auf vorbeugenden Maßnahmen für Kinder, die gefährdet sind, ihr Zuhause zu verlassen. Für Jungen wie Ricardo, die bereits einen Teil ihres Lebens auf der Straße verbracht haben, gibt es die Casa. Morgens besuchen sie staatliche Schulen, nachmittags sind sie im Taller Juconi, der so genannten Werkstatt, wo sie Plätzchen backen, Marmelade kochen und Chili-Schoten einlegen. Bis zu drei Jahre bleiben die Jugendlichen in der Casa; wer dann nicht auf eigenen Füßen stehen oder zu seinen Eltern zurückkehren kann, hat die Möglichkeit, in anderen Hilfsprojekten unterzukommen.

Ricardo hat heute Dienst in der Backstube. Er holt das Blech mit den Plätzchen aus dem Ofen und stellt es zum Abkühlen ans Fenster. Aus einem großen Trog nimmt er bereits erkaltete Plätzchen, füllt damit kleine Tüten und bindet diese mit einer Schleife zu. »Unser Gebäck ist in ganz Puebla bekannt. Es wird auf den Märkten und in vielen Läden verkauft«, erzählt er stolz. »Wir kommen mit dem Backen kaum hinterher.«

Ricardo wird die Casa Juconi bald verlassen und zu seinen Eltern zurückkehren. Sein Elternhaus ist zwar arm, aber vergleichsweise intakt: Die Eltern leben zusammen, der Vater hat Arbeit, er hat Ricardo nie misshandelt. Den zuvor abgebrochenen Kontakt zu seiner Familie hat der 15-Jährige mit Hilfe seiner Betreuer langsam wieder aufgebaut. »Ich bin soweit, dass ich nach Hause zurückkehren kann. Und mein Vater hat mir sogar angeboten, dass ich mit ihm auf dem Markt arbeite.« Ein Leben auf der Straße kommt für Ricardo nicht mehr in Frage: »Was mich dort erwartet, weiß ich.«

Die terre des hommes-Partnerorganisation Juconi (»Fundación Junto con los Niños«) wird in Zusammenarbeit mit dem Volkswagen Konzernbetriebsrat seit 2001 gefördert. Juconi betreibt zwei Wohnheime und eine Tageseinrichtung für ehemalige Straßenkinder und arbeitende Kinder. Pro Jahr werden etwa 350 Kinder und deren Familien betreut. Die meisten von ihnen werden auf dem Markt angesprochen, wo viele arbeiten. Direkt am Markt gibt es eine Tageseinrichtung, in der die Kinder in ihrer Freizeit schulische Nachhilfe erhalten. So werden sie wieder an den Unterricht an der Regelschule herangeführt und bekommen langfristig die Chance, der Armutsfallen zu entkommen. In den anderen Einrichtungen von Juconi erhalten Straßenkinder eine therapeutische Betreuung. Viele der Kinder haben Drogenprobleme, mussten sich prostituieren, haben physische, psychische oder sexuelle Gewalt erfahren. Die Trauma-Spezialisten von Juconi betreuen sie deshalb bis zu drei Jahre lang, um ihnen wieder eine Perspektive zu geben.

Helfen Sie mit Ihrer Spende Kindern in Not.

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