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Harte Arbeit von kleinauf

Die typischen Kinderarbeiter in der Baumwollernte, von denen manche erst fünf Jahre alt sind, stehen in aller Frühe auf und haben einen Tag anstrengender Arbeit vor sich: Sie pflücken die Baumwolle per Hand und tragen die Ernte in schweren Säcken auf dem Rücken. Sie säen, jäten Unkraut, entfernen Insekten von den Pflanzen und in manchen Gebieten sprühen Kinder sogar gefährliche Pestizide. Sie sind den Düngemitteln und Pestiziden im Baumwollanbau ungeschützt ausgesetzt. Der Einsatz von Chemikalien auf den Feldern verursacht bei Kindern verschiedene Atemwegs- und Hautkrankheiten.

Baumwollproduktion steigt rasant
In Indien sind weltweit die meisten Arbeitskräfte von Baumwolle abhängig. Im Bundesstaat Gujarat wird zurzeit ein Drittel der gesamten Baumwollproduktion Indiens angebaut. Mit der global steigenden Nachfrage ist die Produktion in Gujarat in den letzten Jahren signifikant gestiegen. Zurzeit wird auf 2,62 Millionen Hektar Land Baumwolle kultiviert. Der Baumwoll-Boom ist Hauptursache für Migration. Landarbeiter wandern von verschiedenen Teilen Gujarats, Madhya Pradeshs, Maharashtras und Chhattisgarhs in die Baumwollanbaugebiete.
Die meisten Wanderarbeiterfamilien bleiben auf den Farmen oder in der Nähe der Dörfer, in denen sie arbeiten, und schicken ihre Kinder nicht zur Schule. Gründe dafür reichen von sozialem Irrglauben, dass die Bildung ohnehin nichts nützt, bis zum wirtschaftlichen Zwang, das Familieneinkommen durch die Mitarbeit der Kinder zu erhöhen. Darüber hinaus kommen diese Familien – je nach Erntebedarf – zu verschiedensten Jahreszeiten auf die Farmen und melden deshalb ihre Kinder nicht in staatlichen Schulen an. Die Kinder kleiner und marginalisierter Bauern müssen häufig unter härtesten Bedingungen arbeiten. Einige von ihnen  müssen die Last der Hausarbeit tragen und auf kleinere Geschwister aufpassen. Besorgniserregend ist auch die relativ hohe Zahl der Frauen, die ihre Heimat verlassen um arbeiten zu gehen. Sie nehmen ihre Kinder mit, die in einer Umgebung aufwächst, die sie nicht nur ausschließt, sondern lebenslange Entbehrungen durch Arbeit und Knechtschaft befördert. 

Nachhaltige Baumwollproduktion
Das Projekt »Soziale Nachhaltigkeit bei der Baumwollproduktion in Gujarat« von terre des hommes-Projektpartner Ganatar engagiert sich in zehn Dörfern des Distriktes Surendrangar und richtet sich an Wanderarbeiter-Familien. In jedem Dorf des Projektgebietes leben 25 bis 30 Migrantenfamilien. Durchschnittlich 25 bis 50 Kinder können nicht zur Schule gehen und erhalten keine Gesundheitsvorsorge. Das Projekt arbeitet auf mehreren Ebenen, um die Situation der Wanderarbeiterfamilien zu verbessern: Zum Beispiel mit Aktionen, um Eltern davon zu überzeugen, ihre Kinder in die Schule anstatt auf die Felder zu schicken, Fortbildungen im Bereich ökologischer Landbau, Schutzmaßnahmen beim Ausbringen von Pestiziden, die Vermittlung von Kinderrechten, Impf- und Gesundheitsprogramme und den Aufbau von Kindergruppen in den Dörfern. Mehr als 2500 Kinder gehen seit Beginn des Projekts in eine Übergangsschule, die sie auf die staatliche Schule vorbereitet. Knapp 700 Kinder besuchen bereits eine staatliche Schule. Alle Kinder der Wanderarbeiterfamilien werden regelmäßig geimpft und auf Mangelernährung und deren Beseitigung untersucht.

Kein Platz für einen Spielplatz?
Die Kinder organisieren regelmäßig Demonstrationen und Hausbesuche, um Eltern auf ihr Recht auf Bildung aufmerksam zu machen. In neu gegründeten Kinderclubs vermittelt der Projektpartner den Kindern ihre Rechte und ermuntert sie, diese gegenüber den Dorfvorstehern einzufordern. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz für einen Spielplatz im Dorf Ramgadh: In einer der Dorfsitzungen antwortete ein Junge auf die Frage, was die Kinder dringend benötigen, dass sie einen Spielplatz bräuchten. Die anderen Kinder stimmten ihm sofort zu, da sie rund um die Schule nicht genug Platz haben. Sie beschlossen, sich an den Bürgermeister des Dorfes zu wenden. Sie trafen sich mit ihm und erläuterten, warum sie einen Spielplatz brauchen. Zunächst hörte er sie an und sagte: »Wir werden sehen!« Nach ein paar Tagen traf sich die Gruppe wieder mit dem Bürgermeister und erneuerte die Forderung nach einem Spielplatz. Er schrie sie an: »Dieses Dorf hat keinen Platz für einen Spielplatz!«   Als die Kinder feststellten, dass ihre Forderung nicht ernst genommen wurde, entschieden sie sich, für ihr Recht zu kämpfen. Die Mitglieder der Kindergruppe wollten ihre Forderung schriftlich einreichen und baten den Mitarbeiter des Projektpartners im Dorf um Hilfe. Er erklärte ihnen, wie sie den Antrag formulieren sollten und dass sie eine Kopie für ihre Unterlagen bräuchten. Die Kinder bereiteten den Antrag vor und übergaben ihn dem Bürgermeister. Dieser war sich bewusst, dass er aufgrund des schriftlichen Antrages eine Lösung für das Problem finden musste. Er versuchte zunächst, das Thema ohne weitere Dokumente zu lösen. Aber letztlich hatte er keine Wahl und bot seine eigene Farm in der Nähe des Dorfes an. Er sagte, er würde das Buschwerk entfernen und eine Platz zur Verfügung stellen. Die Kinder nahmen das Angebot freudig an. Jetzt hat die Kindergruppe einen Platz zum Spielen und für ihre anderen Aktivitäten.


Das Projekt wird von C&A mit 214.000 € unterstützt.

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