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Neustart in Myanmar

Erstmals seit 50 Jahren hat Myanmar wieder ein ziviles Staatsoberhaupt. Präsident Htin Kyaw ist ein enger Vertrauter von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und hat bereits die Amtsgeschäfte aufgenommen. Aung San Suu Kyi, Ikone und Hoffnung vieler Menschen, bleibt die zentrale Figur der neuen Regierung. Die Erwartungen an sie sind hoch, die Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, groß.

Freie Wahlen

Jahrzehntelang litt die Bevölkerung Myanmars unter der Militärherrschaft, Krieg und internationaler Isolierung. 2010 gab das Regime dem wachsenden politischen Druck aus dem In- und Ausland nach, führte Wahlen durch und ernannte den moderaten Reformer Thein Sein zum Staatsoberhaupt. Die Wahlen waren weder frei noch fair und wurden stark kritisiert. Und doch markieren sie einen Wendepunkt in der Geschichte des Landes, denn sie waren der Beginn weitreichender Öffnungsprozesse. Unter Thein Seins Führung wurden politische Gefangene entlassen, und Medien durften wieder unabhängig berichten. In der Folge wurden Handelsblockaden und restriktive Reisebestimmungen gegenüber Myanmar gelockert. Im November 2015 gab es die ersten freien und demokratischen Wahlen seit 25 Jahren. Die National League for Democracy (NLD) gewann unter der Führung von Aung San Su Kyi die absolute Mehrheit. Die frühere Regierung unter Thein Sein und das Militär erkannten das Wahlergebnis an. Die terre des hommes-Partnerorganisationen in Myanmar bestätigen, dass die Machtübergabe an die NLD reibungslos abgelaufen ist. Allerdings behält das Militär im Parlament ein Viertel der Mandate und kann jede Verfassungsänderung blockieren.

Im Rampenlicht steht seither Aung San Suu Kyi. Sie wuchs in Indien auf, studierte in England und arbeitete für die UN in New York. In den 1980er Jahren kehrte sie nach Myanmar zurück und begann, sich friedlich gegen die Unterdrückung des Landes einzusetzen. Obwohl Aung San Suu Kyis Partei die Wahlen klar gewonnen hat, ist ihr der Weg ins Präsidentenamt doch verwehrt, weil ihre Kinder britische Staatsbürger sind: Das Militär hatte 2008 einen Passus in die Verfassung aufgenommen, der Personen mit ausländischen Verwandten vom Präsidentenamt ausschließt. Wegen der fehlenden Verfassungsmehrheit im Parlament kann die NLD diese Klausel nicht kippen. 

Tiefe Gräben

Die Versöhnung und Befriedung des Landes ist die größte und dringendste Aufgabe der neuen Regierung. In großen Teilen des Landes tobt seit Jahrzehnten ein Krieg zwischen dem Militär und Volksgruppen wie den Kachin und den Shan, die von der Militärjunta systematisch unterdrückt worden sind. Die Gräben zwischen den Kriegsparteien sind tief, das Misstrauen groß. Dass einige wichtige Ministerposten wie der des Innenministers weiterhin vom Militär besetzt sind, dürfte den Friedensprozess und die Aussöhnung mit den verschiedenen Kriegsparteien schwierig machen. Dazu kommt auch die ungelöste Frage der muslimischen Minderheit der Rohingya im Südwesten des Landes. Den aus Bangladesch stammenden Rohingya wurde 1982 die Staatsbürgerschaft entzogen, sie werden stark diskriminiert. In der Vergangenheit ist es vermehrt zu Gewalt extremistischer Buddhisten gegen die Rohingya gekommen. Aung San Suu Kyi hat sich in dieser Frage bislang zurückgehalten, was ihr viel internationale Kritik eingebracht hat.  

Kindersoldaten und Flüchtlinge  

Alle Konfliktparteien haben in der Vergangenheit Kinder als Soldaten rekrutiert, allein in der staatlichen Armee sollen Zehntausende dienen. Die neue Regierung wird sich der Aufgabe stellen müssen, sie zu demobilisieren und wieder in die Gesellschaft zu integrieren. terre des hommes hat in der Vergangenheit erfolgreich dafür gesorgt, dass Hunderte Kindersoldaten entlassen wurden und wieder nach Hause zurückkehren konnten. Auch um die Flüchtlinge wird sich die Regierung kümmern müssen, wenn sie einen dauerhaften Frieden erreichen möchte. Die UN schätzen, dass es in Burma 370.000 Binnenflüchtlinge gibt. Fast eine halbe Million Flüchtlinge suchen Schutz in den Nachbarländern, davon rund mehr als 100.000 in Flüchtlingslagern in Thailand. Ein nennenswerter Trend zur freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen ist bisher nicht zu erkennen. terre des hommes fördert mit zahlreichen Projekten Vertriebene und Flüchtlinge in Myanmar und in den Flüchtlingslagern im thailändischen Grenzgebiet und unterstützt politische Initiativen, um die Situation der Menschen zu verbessern. Mit Erfolg: Auch dank der ausdauernden Arbeit der terre des hommes-Partnerorganisationen wurde 2008 das Staatsbürgerschaftsrecht reformiert. Seither haben mehr als 6.000 Flüchtlingskinder aus den terre des hommes-Projekten die thailändische Staatsbürgerschaft erhalten. Nur mit dieser haben sie Zugang zu staatlichen Leistungen wie Schulen und Krankenhäusern und die Chance auf eine Zukunft.

terre des hommes hat gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen ein Faktenblatt mit Empfehlungen zur Situation in Myanmar erstellt, das auch politischen Entscheidungsträgern als Informationsquelle zur Verfügung gestellt wurde (Download als pdf)

21.4.16

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