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Staatenlos, aber nicht chancenlos

Tidais Augen funkeln vor Stolz und Energie, wenn sie von ihrer Arbeit berichtet. »Ich setze mich in unserem Dorf dafür ein, dass Kinder, Frauen, Männer ihre Rechte kennen und einfordern«, erzählt sie. »Viele von ihnen sind staatenlos und brauchen dringend einen Pass, um zum Beispiel die Schule zu besuchen«. Die 24-jährige lebt im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar und gehört selbst zur Gruppe der Staatenlosen. Sie wartet noch immer auf die Entscheidung der Behörde über ihren Antrag – seit mittlerweile fünf Jahren.

Zwischen drei und fünf Millionen Flüchtlinge aus Myanmar leben aktuell auf thailändischem Boden. Viele von ihnen gelten als staatenlos, sie besitzen in keinem Land die Staatsbürgerschaft. Teilweise erkennen die Regierungen Thailands und Myanmars die Bewohner des Grenzgebietes nicht als ihre Bürger an. Teilweise werden sie als Kind staatenloser Eltern geboren, kennen schlicht ihre Herkunft nicht oder erhalten bei der Geburt keine Urkunde, die ihre Identität nachweist. Die Staatenlosigkeit hat massive Folgen für das Leben der Betroffenen. Oft dürfen sie nicht die Schule besuchen, oft ist sogar der Zugang zu Gesundheitsversorgung nur Staatsangehörigen vorbehalten.

Das Stateless Children Protection Programme Committtee (SCPPC), ein Netzwerk aus inzwischen fünf Nichtregierungsorganisationen, setzt sich für die Rechte dieser Menschen ein. Unter den Mitgliedern ist auch die terre des hommes-Partnerorganisation »Development for Children and Community Network (DCCN)«. Direktor Luang Salween ist seit mehr als 20 Jahren aktiv und unterstützt burmesische Migranten in Nord-Thailand bei der Beantragung eines Passes, der den Zugang zum öffentlichen Leben ermöglicht. Seit 2011 unterstützt auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das terre des hommes-Projekt. Die erste Phase von 2011 bis 2013 lief bereits sehr erfolgreich. Mehr als 5.000 Kinder haben eine Staatsbürgerschaft erhalten.

In der zweiten Phase sollen weitere knapp 14.000 Kinder die Staatsbürgerschaft erhalten. Dafür werden in mobilen Klassenräumen die notwendigen Thai-Sprachkenntnisse vermittelt, und die Rechtsberatung wird auf weitere Dörfer ausgeweitet. Um auch in den entlegensten Regionen arbeiten zu können, baut seine Organisation ein Netzwerk aus Freiwilligen auf, das in jedem Dorf die Fälle erfasst, juristisch berät, die notwendigen Unterlagen für die Passbeantragung zusammenträgt und gemeinsam mit DCCN die lokalen Behörden aufsucht. Tidai ist eine von ihnen. Sie hat auch dafür gesorgt, dass ihre Schwester samt den drei Kindern einen Pass erhält. »Das war ein besonders schwieriger Fall«, erläutert sie, »wir mussten gleichzeitig den Pass für die drei Kinder beantragen.«

Der thailändische Nationality Act, das Staatsangehörigkeitsgesetz, regelt die Optionen für die Beantragung der Staatsbürgerschaft. Durch intensive Lobbyarbeit von DCCN konnten Kriterien hinzugefügt werden, die nun die Aufnahme von Kindern regeln, die auf thailändischem Boden geboren wurde. Bislang galten sie als illegale Einwanderer. »Diese Gesetzesänderung ebnet über 200.000 Kindern in Thailand den Weg zur Staatsangehörigkeit«, erläutert Direktor Salween. Auch für Tidais Schwester Nuam war dieser Artikel entscheidend. Da es in ihrem Fall jedoch zusätzlich um die Beantragung des Passes für ihre drei Kinder ging, war die Rechtslage kompliziert. »Wir mussten schließlich eine Beschwerde bei der nationalen Menschenrechtskommission in Thailand einlegen, um ihren Fall zu lösen«, erläutert Salween. Mit Erfolg – nach zehn Jahren haben Nuam und ihre Kinder nun die thailändische Staatsangehörigkeit und damit Zugang zum öffentlichen Leben in Thailand.

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