terre des hommes und Auslandsadoptionen
Zwischen 1967 und 1998 vermittelte terre des hommes mehr als 2800 Waisen und verlassene Kinder zur Adoption nach Deutschland. Die meisten dieser Kinder kamen aus Ost- und Südostasien (Korea, Vietnam, Philippinen, Indien, Sri Lanka, Bangladesch) sowie Lateinamerika (Kolumbien, Bolivien, Ecuador). Obwohl die Adoptionsvermittlungsarbeit nur einen kleinen Teil der vielfältigen Aktivitäten von terre des hommes ausmachte, wurde der Verein vor allem durch diese Art des Engagements für verlassene Kinder bekannt. So kam es zu vielen Reaktionen, als terre des hommes 1994 beschloss, die Adoptionsvermittlung zu Gunsten der Projektförderung für verlassene Kinder zu beenden.
Auslandsadoptionen: so viele wie nötig, so wenige wie möglich!
Für den Beschluss, die Adoptionsvermittlung einzustellen, waren folgende Gründe entscheidend:
- Für unsere Adoptionsarbeit galt immer schon der Grundsatz: Die Vermittlung eines Kindes zur Adoption ins Ausland ist der letzte Schritt. Vorher müssen alle Maßnahmen und Möglichkeiten geprüft werden, das Kind wieder in seine Ursprungsfamilie zu integrieren. Ist das nicht möglich, wird zunächst nach geeigneten Pflege- oder Adoptivfamilien im Heimatland des Kindes gesucht. Erst wenn diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, ist eine Vermittlung ins Ausland gerechtfertigt. Mit der UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 sowie dem am 23. Mai 1993 verabschiedeten Haager »Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Adoption« erhielt diese Maxime Rückhalt im internationalen Recht. Am 1. März bzw. 1. Januar 2002 trat das Übereinkommen samt den entsprechenden Umsetzungsvorschriften auch hier zu Lande in Kraft.
- Bis 1980 hatte es in Deutschland neben terre des hommes nur zwei zugelassene Auslandsvermittlungsstellen gegeben. Ende der 90er Jahre aber kam es zur Gründung zahlreicher neuer Vermittlungsorganisationen, von denen die meisten sich heute als »staatlich anerkannte Auslandsvermittlungsstelle« im Sinne des neuen Adoptionsvermittlungsgesetzes bezeichnen dürfen. Zugleich jedoch gab es immer mehr Indizien dafür, dass die Zahl der Adoptionsinteressenten weltweit erheblich höher anzusetzen sein dürfte als die der freigegebenen und tatsächlich gewünschten gesunden (und möglichst hellhäutigen) Säuglinge beziehungsweise Kleinkinder. Mit anderen Worten: Das Verhältnis der internationalen agierenden Vermittlungsagenturen zueinander ist nicht als beziehungsloses Nebeneinander, sondern als Konkurrenz um das in Zeiten wachsender unfreiwilliger Kinderlosigkeit zunehmend umworbene »Herzkind aus der Fremde« zu begreifen.
- Obwohl immer noch und immer wieder Kinder geboren werden, die keine Chance haben, bei ihren leiblichen Eltern, ihren Verwandten oder anderen Familien ihres Geburtslandes groß zu werden, Kinder also, denen die rechtzeitige Adoption ins Ausland die letzte Chance bietet, in Verhältnissen aufzuwachsen, die ihren Grundbedürfnissen entsprechen, konnte terre des hommes sich ohne Bedenken aus der direkten Vermittlungsarbeit zurückziehen, um sich stattdessen intensiver der Prävention von Verlassenheit und der Förderung von Inlandsadoptionen vor Ort zuzuwenden. Denn woran es in den Herkunftsländern vor allem fehlt, sind ausländischen Organisationen, die sich ohne Nebenabsichten für die Realisierung des in der Präambel der Haager Adoptionsübereinkunft festgeschriebenen Subsidiaritätsprinzips - Auslandsadoption nur als ultima ratio! - vorbehaltlos einsetzen. terre des hommes versucht dies mit entsprechenden Projekten vor Ort - und bietet darüber hinaus den Adoptierten und ihren Familien durch Informationen, Beratung und Seminare Unterstützung an. terre des hommes steht den Adoptierten auch bei der Suche nach ihren Wurzeln zur Seite. Insbesondere die seit mehr als zehn Jahren durchgeführten Reisen von über terre des hommes vermittelten Adoptierten in ihre Herkunftsländer stellen einen wichtigen Beitrag zur Identitätsfindung dar.
Praktische Hinweise für Adoptionsbewerber
Allen Interessenten an einer Auslandsadoption empfiehlt terre des hommes: Setzen Sie sich zunächst mit der Adoptionsvermittlungsstelle des für sie zuständigen örtlichen Jugendamtes in Verbindung! Nehmen Sie darüber hinaus Kontakt mit einer in Deutschland anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle in freier Trägerschaft beziehungsweise mit der zentralen Adoptionsstelle des für Sie zuständigen auf.
Verzichten Sie unbedingt auf vermeintlich »schnelle und unbürokratische Hilfe« durch private Vermittler (Anwälte, Ärzte, Pfarrer etc.) hier oder im Ausland! Bedenken Sie: Nach den geltenden Gesetzen sind Privatadoptionen, d. h. Adoptionen ohne Beteiligung einer der dafür zugelassen staatlichen Stellen oder Organisationen in freier Trägerschaft, verboten.
Bei der Suche nach der für Sie geeigneten Vermittlungsstelle kann Ihnen das Dokument »Fragen an die Auslandsvermittlungsstelle - eine Orientierungshilfe für Adoptionsbewerber« behilflich sein.
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20 Jahre Haager Übereinkommen