5. Februar: Der erste Tag
Leidlich ausgeruht standen wir, nach einem kurzen Spaziergang, vor dem neuen Regionalbüro von terre des hommes und wurden sehr herzlich empfangen. Wir fanden ein ansprechendes Ambiente mit einladenden Arbeitsplätzen vor. Das Haus gehört der terre des hommes-Stiftung, die dem Regionalbüro keine Miete abverlangt, und einen Teil der Räume an andere Organisationen vermietet hat.
Ziel unseres Besuches war es, die Mitarbeiter*innen des Büros kennenzulernen und etwas über die aktuelle Arbeitsplanung zu erfahren. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde skizzierte Thomas Mortensen, der Leiter des Büros, den politisch-gesellschaftlichen Kontext, in dem terre des hommes und seine Partnerorganisationen sich bewegen. Er erklärte, dass es zwar nicht verpflichtend sei, sich mit allen vier Strategischen Zielen von terre des hommes zu beschäftigen, dass aber die Region Lateinamerika (ORLA) genau das tun möchte. Dies sei mit den Projektpartnern diskutiert und beschlossen worden, wobei bedauert wurde, dass die Delegiertenkonferenz im letzten Sommer das bisherige Ziel »Kultur des Friedens« nicht mehr als eigenständiges Ziel fortführen wollte. Allerdings kann es als Querschnittsthema weiterverfolgt werden. Interessant war der Hinweis, dass mit den Partnern und der Geschäftsstelle diskutiert wird, ob aus Gründen der Effektivität die Zahl der unterstützten Projekte reduziert werden sollte – Ausgang offen. Hervorheben wollen wir das abschließende Statement von Thomas, dass terre des hommes zwar weiterhin an seinen bewährten Hilfs- und Bildungsangeboten festhalten müsse, dass es aber unbedingt erforderlich sei, zugleich daran zu arbeiten, dass die politisch-gesellschaftlichen Ursachen für die vielfältigen Verletzungen der Kinderrechte verringert werden. Dass man sich hier auf einer Gratwanderung bewegt, ist uns allen nur zu klar. Entsprechend äußerte sich auch Ana Teller, die digital zugeschaltet war und über die Situation in Mexiko und Mittelamerika berichtete.
Nach der Mittagspause mussten wir uns schon von dem terre des hommes-Team verabschieden. Obwohl wir nur wenige Stunden da gewesen waren, machten die Herzlichkeit und die Professionalität, mit der wir empfangen, informiert und umsorgt wurden, bleibenden Eindruck.
Der erste Besuch bei einer Partnerorganisation: Censat – Agua Viva
Dann stand auch schon der erste Projektbesuch an. Allerdings war es mehr eine »Trockenübung«, denn wir kamen nicht mit dem Projekt in Kontakt, sondern mit leitenden Mitarbeiter*innen einer Umweltorganisation mit Sitz in Bogotá. Die konkrete Projektarbeit findet in anderen Gegenden Kolumbiens statt, zum Beispiel in Antioquia oder Santander.
Wir waren zu Gast bei Censat – Agua Viva, einer Umweltorganisation, die hauptsächlich mit Kindern arbeitet und in Kolumbien gut vernetzt ist. Sie arbeiten zu Themen wie Wasserverschmutzung, Abholzung, Biodiversität, Konflikte um Minen, Fossile Energien, usw.
Juan Pablo aus Antioquia berichtete von den Ergebnissen eines gerade zu Ende gegangenen Projekts, in dem es um die Energiewende und Klimagerechtigkeit sowie die Implementierung von alternativen Energien geht. Dabei hat das Team von Censat in bäuerlichen Gemeinden, afrokolumbianischen und indigenen Communities direkt mit Kindern außerhalb der Schulen gearbeitet, in sogenannten Nachhaltigkeitsschulen. Innerhalb von zwei Jahren haben Kinder Vorschläge zur Verbesserung ihrer Umwelt erarbeitet, die dann den Gemeinderäten und Bürgermeistern vorgestellt und von diesen auch »akzeptiert« wurden. Dass diese Projekte auch nachhaltig sind, zeigt sich daran, dass ein anderes Projekt, in dem Kinder sich mit der Flora und Fauna ihrer Umgebung auseinandergesetzt haben und das vor drei Jahren ausgelaufen ist, heute noch weiterläuft. Die Projektpartner versuchen auch immer, bei den Kindern die Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Kommunikation zu verbessern und zu erweitern, z.B. mit Zeichnungen und Filmen.
Bei einem anderen Projekt von Censat setzt man auf alternative Techniken wie Biogasanlagen, Photovoltaik, Deshydratoren zum Trocknen von Obst, Kräutern, usw. Zu diesen Techniken wurden inzwischen viele TechnikerInnen ausgebildet, um diese »Geräte« in den Kommunen zu etablieren und weiterzuentwickeln. Mittlerweile gibt es dazu eine Anleitung, die zum Beispiel auch in Chile verwendet wird. Mittlerweile arbeitet Censat mit 18 Universitäten zusammen und das Thema im Kongress und bei der Regierung eingebracht. Für einen Erfolg bei der Energiewende ist wichtig, dass die »Comunidades« (Gemeinden) die Protagonisten sind. Im nächsten anstehenden Projekt von Censat geht es auch um Klimagerechtigkeit, dabei werden sie noch mit je einer NGO aus Peru und Brasilien zusammenarbeiten.
Angelika und Werner