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Auf dem Watunakuy - 2. Tag

Damit auch wir Vater Sonne einen würdigen Empfang bereiten können, holt uns der Bus schon um 5 Uhr morgens vom Hotel wieder ab. Es hat in der sternenklaren Vollmondnacht gefroren, und wir haben uns dick eingepackt. Als wir den Festplatz erreichen, krabbeln einige verfrorene Gestalten aus ihren Zelten. Andere sind schon dabei, den Platz für den Empfang der Sonne herzurichten. Barmherzige Seelen verteilen Punsch, Kokablätter und auch etwas eigentümliche Zigaretten an die Anwesenden. Gabi und Gina stellen dabei fest, dass es sich trotz der klammen Finger richtig gut rauchen lässt.

Die Spannung steigt jetzt. Alle sind wach und haben sich im Halbkreis um den Punkt des Sonnenaufgangs aufgestellt. Die Opferlade, die zum Schutz vor der Witterung abgedeckt war, wird aufgedeckt, die Feldfrüchte auf den bunten Tüchern sind sorgfältig arrangiert. Immer wieder blasen die Priester auf ihren Muschelhörnern und schauen auf den Bergrücken gegenüber, auf dem sich der Sonnenschein schon abzeichnet.

Dann ist es soweit: die Sonne geht über dem Kamm des Berges auf. Alle sinken in die Knie und heben die Handflächen zur Sonne. Nach der kalten Nacht ist die wärmende Strahlung der Sonne sofort spürbar, und so wird Glaube buchstäblich körperlich empfunden. So ganz anders als in den sogenannten weiterentwickelten Religionen! Wieder umarmen sich die Menschen, wieder gibt es eine Fürbitte-Zeremonie, und schlussendlich wird wieder getanzt.

Da wir aber nicht nur zum Vergnügen hier sind, haben wir jetzt noch einen Termin mit der Gruppe unserer Projektpartner, die ihr jährliches Treffen mit dem Watunakuy verbunden haben. Die Begegnung findet im Haus unseres Projektpartners INTIRUNAKUNA WASI – dem Haus der Sonnenmenschen – statt. In dem Haus finden arbeitende Kinder und Kinder aus problematischen Familien tägliche Betreuung und Fürsorge. Es gibt Nachhilfe, Erziehung zum Umweltschutz, verschiedene künstlerische Workshops, Bastelgruppen, Musik und Tanz, und auch für behinderte Kinder wird gesorgt.

Unser Thema heißt »buen vivir«, gutes Leben – ein Begriff, der für unsere Projektpartner sehr wichtig ist. Es geht dabei um ein Leben im Einklang mit der Natur und im Einklang mit den eigenen Wurzeln und Traditionen; in Harmonie mit den Mitmenschen und auch den Göttern. Dieses sehr theoretisch anmutende Konstrukt ist Leitmotiv der Arbeit unserer Projektpartner und führt sie zu den guten Ergebnissen, die wir auf dieser Reise kennenlernen können. Wir finden allerdings die Übertragung dieses Modells auf das moderne Leben in den großen Städten eher schwierig und auch unsere Partner haben letztendlich kein ausgefeiltes Konzept dafür. Wir werden also genug Stoff zum Nachdenken haben, sind wir uns einig.

Morgen treffen wir noch terre des hommes-Projektpartner, die aus Chile zum Watunakuy angereist sind und uns von ihrer Arbeit erzählen wollen. Danach noch eine gemeinsame Nachlese und ein Abschiedsessen, dann trennen sich unsere Wege. Schade!

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