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31.5.: Initiativen in den Migrantenvierteln

Heute lernen wir einen ganz anderen Teil von Lima kennen: die Viertel, die von Arbeitsmigranten aus dem Hochland bewohnt werden. Gestern haben wir sie hinter der der Kathedrale kurz gesehen: es ist Wüstenland. Überall Sand, ein paar Straßen und ein riesiges, verschachteltes Häusermeer, das sich die Hänge hinaufzieht.

Zunächst besuchen wir die älteste Organisation arbeitender Kinder in Südamerika: Manthoc. Sie besteht seit 1976 und wird von den Kindern selbst geführt. Erwachsene dürfen nur unterstützen! Wir treffen Emanuel(8), Jenmis(10) und ihre Kollegen, nicht weit vom Markt, dem Hauptarbeitsplatz der Kinder, wo sie in der Regel ihre Eltern oder Verwandte an den Verkaufsständen unterstützen. Alle Mitglieder von Manthoc arbeiten sechs Tage die Woche mindestens halbtags – die andere Hälfte des Tages dient dem Schulbesuch und den Aktivitäten von Manthoc. Der Sonntag ist frei – auch wenn ihre Eltern auch an diesem Tag ihre Marktstände besetzen müssen. Dann dient das Manthoc-Haus als Freizeitstätte.

Anwesend ist auch Janete, die zu den ersten Mitgliedern von Manthoc zählt und heute als Lehrerin ihre Nachfolger betreut. Manthoc hat heute ungefähr 2.500 Mitglieder in Peru. Die Kinder lernen bei Manthoc für ihre Rechte einzutreten und ihr Leben in ihre eigenen Hände zu nehmen. Das Haus – eines von vielen in Peru – bietet ihnen berufliche Bildung, Hausaufgabenhilfe, Workshops und eine Bibliothek. Sie produzieren auch kleine Artikel wie Freundschaftbänder, Pralinen und schön gestaltete Grußkarten und Lesezeichen. Die Erlöse aus dem Verkauf der Artikel dient dazu, besondere Freizeitaktivitäten wie Ausflüge und Picknicks zu finanzieren.

Die Kinder nehmen uns mit zum Markt und zeigen uns, wo sie arbeiten, und wir lernen ihre Eltern kennen. Sie sind froh, dass die Kinder sich über Manthoc organisiert haben und an einer besseren Zukunft für sich arbeiten. Uns fällt auf, wie sicher die Kinder sich hier bewegen. Die Älteren übernehmen Verantwortung gegenüber den Jüngeren und passen auf, wenn sie die Straße überqueren. Der Markt ist ihr Reich. Sie kennen jede Ecke, jedes Kind, was dort arbeitet und können uns über jeden lange Geschichten erzählen. Auch über ihre eigenen Zukunftspläne sprechen sie. So ist Siumara(7) sicher, dass sie später einmal als Englisch-Lehrerin arbeiten wird. Wir sind ziemlich sicher, dass ihr das gelingen wird.

Nach einer herzlichen Verabschiedung verlassen wir Manthoc, um das Theater-Projekt Arenas y Esteras zu besuchen, das in dem Vorort Villa El Salvador arbeitet. Ana-Sofia, Gründungsmitglied der Initiative, führt uns aber zunächst durch ihr Viertel, in dem mittlerweile mehr als eine halbe Million Menschen lebt. Villa el Salvador ist vergleichsweise gut organisiert. Es gibt eine funktionierende Selbstverwaltung, Straßen mit Beleuchtung und vergleichsweise viele Schulen, Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen. Auch »Grünflächen«, auf denen staubige Bäumchen ein trauriges Dasein fristen, sind vorhanden. Und es gibt sogar eine Art Park, eine grüne Oase, die – gespeist von den Abwässern des Stadtteils – wirklich grüne Bäume, Büsche und Rasenflächen hat. Dass das Ganze ziemlich nach Kläranlagen riecht, fällt da kaum ins Gewicht.

Allerdings ist Villa El Salvador auch keine Idylle. Ein nach wie vor ausuferndes Wachstum der Einwohnerschaft führt die Selbstverwaltung an ihre Grenzen. Die Menschen haben vielfach keine Perspektive, und ausufernde Gewaltkriminalität gefährdet das Zusammenleben. So wurde das Theaterprojekt, das sich immer offener Türen rühmte, im letzten Jahr von Bewaffneten überfallen, die um sich schossen und die offensichtlich scharf auf die Kamera eines Fernsehteams waren, das dort gedreht hat. Seitdem bleiben die Türen zum Schutz der Kinder geschlossen.

Arenas y Esteras arbeitet mit Kindern und Jugendlichen, um ihnen über die Kunst Kreativität und soziales Lernen zu ermöglichen. Jährlich wirken dort etwa 150 Kinder zwischen sechs und 18 Jahren mit: Sie nehmen an Workshops teil, arbeiten kleine Aufführungen aus und lernen ihrerseits, andere Kinder zu schulen. Sie erwerben auf diese Weise Selbstdisziplin und -bewußtsein, Teamgeist und Vertrauen in sich selbst und andere. Die Mitarbeiter des Projekts gehen auch an Schulen in verschiedenen Orten in Villa El Salvador und führen dort Workshops durch. Sie organisieren einmal im Jahr ein Theaterfestival, das es mittlerweile zu einer gewissen Berühmtheit und internationaler Beteiligung gebracht hat, und unternehmen mit den jungen Theaterleuten Tourneen. So waren sie 2012 im Rahmen der KinderKulturKarawane in Deutschland und werden auch im kommenden Jahr hier auftreten. Das Projekt versteht sich ausdrücklich nicht als Artistenschmiede. Aber wenn wir betrachten, was langjährige Eleven wie Milena (17), die seit 6 Jahren dort aktiv ist, bei einer kleinen Aufführung so leistet, sind wir schwer beeindruckt.

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