Kindheit im Süden Afghanistans
Tausende Kinder in Nimruz haben Flucht und Abschiebung erlebt. Viele mehr wachsen in Armut auf. Die Terre des Hommes-Partnerorganisation »OHA« hilft ihnen, neuen Halt zu finden.
Im August 2021 übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Seitdem versuchen immer mehr Menschen, das Land zu verlassen. Die meisten fliehen in die direkten Nachbarländer: Im Iran leben heute geschätzt 3,4 Millionen geflüchtete Afghan*innen, in Pakistan 1,9 Millionen. Doch in den Aufnahmeländern nehmen Restriktionen und Abschiebungen zu.
Nimruz, eine Provinz im Süden Afghanistans, grenzt sowohl an den Iran als auch an Pakistan. Im Laufe der Jahrzehnte war die Region besonders stark von Unruhen, bewaffneten Konflikten, Dürren, Armut und Hunger betroffen. Nun ist sie zu einem Knotenpunkt für Geflüchtete geworden – und für unfreiwillige Rückkehrer*innen.
»Ich bin in den Iran gegangen, um zu arbeiten, weil es zu Hause viele Probleme gibt und ich der Einzige bin, der für meine Familie sorgen kann«, berichtet ein Junge unserer Partnerorganisation. »Ich bin in den Iran gegangen, um zu arbeiten, aber wir wurden oft geschlagen und zurückgezwungen«, sagt ein anderer.
Allein über die Abrishom-Brücke 8.000 Abschiebungen von Kindern
Beide Jungen wurden im vergangenen Jahr aus dem Iran zurück nach Afghanistan abgeschoben. Wie viele andere landen sie in Nimruz. Nach Angaben der dortigen »Direktion für Rückkehrer und Rückführung« wurden allein über die über die sogenannte Abrishom-Brücke im Jahr 2024 über 1.750 Familien – insgesamt mehr als 8.000 Kinder – aus dem Iran hierhergebracht.
Obwohl sie aus verschiedenen afghanischen Provinzen stammen, bleiben viele vor Ort. Oft hoffen sie oder ihre Familien, doch noch jenseits der Grenze unterzukommen und Arbeit zu finden. Doch ihre Lage ist prekär, es mangelt an Jobs und Beschäftigungsmöglichkeiten. Grundlegende Dienstleistungen sind überlaufen, nur wenige Kinder können zur Schule gehen. Oft versuchen sie stattdessen, irgendwie selbst etwas Geld oder Nahrung zu verdienen. All dies führt zu erheblichen Schwierigkeiten für Kinder und Familien, zu Traumata und Angst.
Als Reaktion auf diese Situation hat die »Organisation für Humanitäre Hilfe« (Organization for Humanitarian Assistance - OHA) gemeinsam mit Terre des Hommes Deutschland Bildungszentren und kinderfreundliche Anlaufstellen eingerichtet, um sowohl migrantischen als auch in Nimruz ansässigen schutzbedürftigen Kindern zu helfen.
Die Kinder können zur Schule gehen, statt zu arbeiten
Die Familien dieser Kinder werden darin unterstützt, Berufe zu erlernen, um ihre Grundbedürfnisse nachhaltiger decken zu können. Auch die soziale Eingliederung und die Integration der Kinder in Schulen und Gemeinschaften steht im Fokus: Die höchste Priorität hat dabei oft, ausbeuterische Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnisse zu beenden, sodass die Kinder zur Schule gehen können, statt zu arbeiten.
Gerade diejenigen Kinder, die aus dem Iran und Pakistan abgeschoben wurden, brauchen zudem neuen Halt, Perspektiven und oft auch Schutz vor Menschenhändlern und anderen Kriminellen. Viele dieser Kinder sind traumatisiert und schwer verstört: Stabilität und ein geregelter Alltag sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass sie wieder Halt und Zuversicht empfinden – um ihr Leben wieder aufzubauen und irgendwann auf eigenen Beinen stehen zu können.
13.01.2025
Fotos: OHA
Kinderarbeitsreport 2023 - Ausbeutung von Kindern in Afghanistan
Anlässlich des Internationalen Welttages gegen ausbeuterische Kinderarbeit 2023 untersucht Terre des Hommes die dramatische Situation von Kindern in Afghanistan. Die Menschen Afghanistans erleiden eine der größten humanitären Katastrophen der Gegenwart: 28 Millionen Menschen, also zwei Drittel der Bevölkerung, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Hälfte von ihnen – 15 Millionen – sind Kinder.