Warum Kinder aus Afghanistan nach Deutschland fliehen
Afghanistan ist seit Jahrzehnten eines der zentralen Herkunftsländer geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Deutschland. Mit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 hat sich die Situation im Land insbesondere auch für Kinder und Jugendliche noch einmal dramatisch verschärft. Gleichzeitig rückt Afghanistan in Deutschland derzeit vor allem in Debatten um Migrationsabwehr in den Fokus: Die Bundesregierung will das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen beenden, Abschiebeflüge werden öffentlich als politische Erfolge inszeniert, und Schutzquoten für Asylsuchende aus Afghanistan sanken zuletzt drastisch. Der Bericht »‘Sie sehen uns nicht als Menschen‘ – Warum Kinder aus Afghanistan nach Deutschland fliehen« stellt daher eine Frage in den Mittelpunkt, die in der Öffentlichkeit meist zu kurz kommt: Weshalb fliehen Kinder und Jugendliche nach Deutschland – wovor suchen sie Schutz? Er zeigt Widersprüche zwischen der realen Lage im Land und der öffentlichen Debatte in Deutschland auf.
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Den Bericht »‘Sie sehen uns nicht als Menschen‘ – Warum Kinder aus Afghanistan nach Deutschland fliehen« können Sie in unserem Materialshop als PDF herunterladen oder kostenlos als gebundene Broschüre bestellen.
Bestellen oder herunterladenVier junge Menschen erzählen ihre Geschichte
Die Fluchtgründe von Kindern und Jugendlichen aus Afghanistan sind vielfältig. Mithilfe konkreter Fallbeispiele stellen wir zumindest einige Gründe und Geschichten dar. Diese Geschichten verdeutlichen: Kinder, die aus Afghanistan nach Deutschland fliehen, haben oft vielfältige Gewalterfahrungen in ihrem Herkunftsland und auf der Flucht machen müssen. Sie sind aber auch junge Menschen mit eigenen Sorgen, Hoffnungen und Träumen.
Zum Schutz der Jugendlichen werden durchweg Pseudonyme verwendet. Details wie Ortsangaben wurden aus Sicherheitsgründen teilweise verfremdet, ohne jedoch die Aussagen der Jugendlichen und die Fallkonstellation grundsätzlich zu verändern.
Die Forderungen von Terre des Hommes
Sichere Fluchtwege retten Leben: Deshalb müssen Aufnahme- und Resettlement-Programme dringend erhalten und ausgeweitet werden. In der Bearbeitung von Anträgen müssen Abläufe effizienter und mit größerer Sensibilität für die Gegebenheiten in den Herkunftsregionen und die Bedarfe von Schutzsuchenden ausgestaltet werden. Zusagen mit einem Rechtsanspruch auf Schutz müssen eingehalten werden. Verfahren zur Familienzusammenführung müssen beschleunigt, Kapazitäten erweitert und langjährige Wartezeiten verkürzt werden – denn Wartezeiten bedeuten andauernde Gefährdung und unerträgliche Trennungen für Kinder und ihre Familien.
Kinder aus Afghanistan haben ein Recht auf Schutz in Deutschland: In Afghanistan droht ihnen und ihren Familien bei Rückkehr Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, Verelendung und im schlimmsten Fall der Tod, weshalb ihnen je nach individueller Konstellation die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Dabei müssen kindspezifische Fluchtgründe stets geprüft und besonders berücksichtigt werden. Für Kinder und Familien aus Afghanistan, die in Deutschland nur mit einer Duldung leben, braucht es verlässliche Bleiberechtsoptionen statt jahrelanger Unsicherheit. Abschiebungen nach Afghanistan lehnt Terre des Hommes ab.
Ankommen braucht Förderung und Beteiligungsmöglichkeiten: Damit Kinder in Deutschland ein Zuhause finden können, brauchen sie eine kindgerechte Unterbringung sowie uneingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten und psychosozialer Versorgung. Darüber hinaus müssen junge Menschen aus Afghanistan in den Debatten Gehör finden, in denen über ihre Zukunft entschieden wird: Ihre Erfahrungen und ihre vielfältigen Beiträge zur Gesellschaft müssen in der Öffentlichkeit sichtbar werden und in politische Entscheidungen einfließen. Dazu braucht es finanzielle und strukturelle Unterstützung für Jugendselbstorganisationen und junge Aktivist*innen mit Fluchtgeschichte.
Wie Terre des Hommes in Afghanistan und entlang der Fluchtrouten hilft
Seit vielen Jahren unterstützt Terre des Hommes gemeinsam mit Partnerorganisationen der lokalen Zivilgesellschaft Kinder und Jugendliche in Afghanistan, entlang der Fluchtrouten und in Deutschland. Gemeinsam stellen wir psychosoziale und therapeutische Hilfe, Bildungs- und Sportangebote sowie rechtliche Beratung bereit. Immer wieder wird in dieser Arbeit deutlich: Kinder und Jugendliche brauchen Räume, in denen sie Kind sein können, in denen sie ernst genommen und gehört werden.
Ihre Ansprechpartnerin

Teresa Wilmes
Referentin Deutschland- und Europaprogramm