Warum Menschen hungern
Klimawandel und das globale Wirtschaftssystem verschärfen die Krise
Jeder sechste Mensch hungert. Nicht, weil nichts zu essen da wäre, sondern weil die Nahrung nicht dort verfügbar ist, wo sie benötigt wird. Verschärft wird das Verteilungsproblem durch Finanzkrisen, Klimawandel und Wirtschaftsinteressen.
Im Jahr 1996 fand der Welternährungsgipfel in Rom statt. Die Staatenlenker definierten dort ein Ziel: Bis zum Jahr 2015 sollte die Zahl der hungernden Menschen halbiert werden. In den Millenniumsentwicklungszielen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2000 wurde dieses Ziel bestätigt. Derzeit hungern knapp eine Milliarde Menschen bei einer Weltbevölkerung von sieben Milliarden. Damit ist die absolute Zahl der Hungernden gestiegen, ihr prozentualer Anteil allerdings auf 16 Prozent gesunken. Dabei mangelt es nicht an Lebensmitteln. Im Gegenteil: Weltweit ist die Produktion von Nahrungsmitteln in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen. Trotzdem fehlen sie dort, wo sie gebraucht werden. Und so passiert es, dass Länder, in denen Hunger herrscht, trotzdem Nahrungsmittel in andere Länder exportieren. Missernten, Dürren und Naturkatastrophen verschärfen die Situation. Doch klar ist: Hunger ist ein Strukturproblem.
Hunger wird gemacht
In den Industriestaaten geben die Menschen im Schnitt etwa zehn bis 20 Prozent ihres Einkommens für Grundnahrungsmittel aus. In den armen Ländern liegt dieser Satz zwischen 60 und 80 Prozent - und bei den Ärmsten der Armen noch höher. Entwicklungen - wie etwa der plötzliche rasante Anstieg der Lebensmittelpreise der letzten Jahre - stürzen viele Arme direkt ins Verderben. Wenn die Kosten für Mais, Reis und Getreide explodieren, um 60 oder 80 oder gar 100 Prozent steigen, hungern Familien und ihre Kinder. Die weltweiten Ernteerträge waren 2005 und 2006 leicht rückläufig, 2007 stiegen sie wieder deutlich an. Trotzdem wuchs auch die Zahl der Hungernden in jener Zeit dramatisch. Das US-Landwirtschaftsministerium zählte Auswirkungen in 70 Ländern, vor allem des Südens; in mehr als 60 Ländern kam es zu politisch-sozialen Unruhen durch Nahrungsmittelknappheit und Hunger. Auch wenn die damalige Hungerkrise vorbei ist: Die Preisschwankungen haben sich nicht gelegt. Analysten die die Märkte beobachten, rechnen langfristig mit weiter steigenden Preisen, auch wenn sie zwischendurch immer wieder schwanken. Das kann nicht am mangelnden Angebot liegen: Dem Jahr 2009, jenem Jahr, in dem das Übersteigen der Milliarden-Grenze an hungernden Menschen vermeldet wurde, ging eine Weltrekordernte 2008 voraus. Warum also hungern rund eine Milliarde Menschen? Hierfür ist eine Kombination verschiedener Ursachen verantwortlich.