Flucht- und Migrationspolitik kindgerecht gestalten!
Tausende Menschen sterben im Mittelmeer, an den EU-Grenzen werden geflüchtete Kinder und Erwachsene unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht. Schnelle Hilfe ist nicht in Sicht.
Die Innenminister und die Kommission der EU berieten im Dezember zwar über die Reformvorschläge für das Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die bisher vorliegenden Entwürfe zeigen jedoch in erster Linie die Uneinigkeit über die zukünftige Flucht- und Migrationspolitik und den Vorrang von einzelstaatlichen Interessen gegenüber den Kinder- und Menschenrechten. Auf dem Rücken von geflüchteten Menschen werden die konträren politischen Haltungen der EU-Staaten verhandelt.
Die EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik der letzten Jahre hat zu einem immer stärkeren Ausbau der Festung Europa geführt. Seit September 2020 liegen Vorschläge der EU-Kommission zu einer Reform des GEAS vor. Doch statt die menschen- und kinderrechtlichen Missstände zu beheben, plant die EU einen Ausbau der Abschottung Europas gegenüber Menschen in Not.
Zwar würden durch den Entwurf in einzelnen Bereichen die Rechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt, zum Beispiel in der rechtlichen Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen. Zugleich sind die Minderjährigen aber von vielfältigen Verschärfungen mitbetroffen. Zentral ist hierbei die Etablierung eines Screeningverfahrens und der Möglichkeit zu Außengrenzverfahren. Das Screeningverfahren wird dem eigentlichen Asylverfahren vorgeschaltet und soll auf alle Personen, die ohne regulären Aufenthaltstitel einreisen, angewendet werden. Ähnlich wie beim daran anschließenden Außengrenzverfahren sind die Rechte der betroffenen Menschen eingeschränkt und es erscheint vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation an den Außengrenzen ausgeschlossen, dass die Verfahren und die Unterbringung die Rechte der Kinder und ihre Eltern tatsächlich berücksichtigen. Letztlich würden diese Maßnahmen zu noch mehr haftähnlichen Lagern an den Außengrenzen führen, in denen auch Kinder ausharren müssen.
Die Not der Menschen in den Lagern würde weiterbestehen: Auch wenn es Ausnahmeregelungen für Minderjährige geben soll, gibt es aufgrund des weiter fehlenden belastbaren Verteilungsmechanismus kaum Aussicht auf eine Verbesserung der Verhältnisse für die Menschen vor Ort.
terre des hommes fordert daher von der Bundesregierung und der Europäischen Union:
- Dringend notwendig sind Soforthilfe und Evakuierung der Menschen aus den Lagern an der EU-Außengrenze. Die EU-Mitglieder müssen sich dazu endlich und schnellstmöglich auf einen Umverteilungsmechanismus innerhalb der EU einigen. Die Hilfsbereitschaft deutscher Kommunen, Länder und Privatpersonen darf nicht länger blockiert werden.
- Es darf keine Haft oder haftähnliche Unterbringung für Kinder und ihre Familien an den EU-Außengrenzen geben. Ein neues Gemeinsames Europäisches Asylsystem muss dies ausdrücklich ausschließen.
- Alle Minderjährigen unter 18 Jahren müssen gemäß den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention als Minderjährige und dem Kindeswohl entsprechend behandelt werden.
terre des hommes hat sich am 14. Dezember 2020 zusammen mit 130 Organisationen an die EU-gewendet, der Appell kann hier unterzeichnet werden: Pro Asyl
terre des hommes hat sich am 8. Juni 2021 zusammen mit weiteren Organisationen an die Bundesregierung gewendet: Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland fortsetzen – Hotspot-Experiment beenden!