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»Das Gefühl, nicht willkommen zu sein und weniger Chancen im Leben zu haben, nimmt zu«

Gudrun Keifl unterstützt in unserem Projekt mit refugio thüringen e.V geflüchtete Kinder und Jugendliche. Im Interview spricht sie darüber, was die Diskussionen um mehr Abschiebungen bei den jungen Menschen auslösen und warum die Politik nicht nur ihre Wortwahl ändern muss.

Gudrun, du arbeitest als Sozialarbeiterin mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Hat die zunehmend flüchtlingsfeindliche Stimmung Auswirkungen auf sie? 

Absolut. Der aktuelle politische Diskurs, die ständigen Abschiebungsdiskussionen und das feindselige gesellschaftliche Klima setzen die Familien enorm unter Druck. Geflüchteten und migrantischen Jugendliche nehmen natürlich wahr, wie im Land über sie gesprochen wird. Das verstärkt ihr Gefühl nicht willkommen zu sein und weniger Chancen im Leben zu haben.  

Mit dem neuen Rückführungsgesetz sollen nächtliche Abschiebungen öfter möglich werden? Was denkst du aus psychosozialer Sicht darüber? 

Die Angst vor nächtlichen Abschiebungen verhindert, dass Familien zur Ruhe kommen können. Kinder und Jugendliche können sich dann nur schwer auf Schule oder Ausbildung konzentrieren. 

Mit welchen Themen kommen die jungen Menschen zu dir?  

Die belastendsten Themen drehen sich um den Kontakt mit den Behörden, Konflikte in Jugendhilfeeinrichtungen und die Situation von Eltern und Geschwistern in den Herkunftsländern. Der allgegenwärtige Rassismus ist auch oft Thema, wird aber in der Schule leider häufig bagatellisiert. 

Tut die Politik deiner Meinung nach genug für geflüchtete Kinder und Jugendliche?  

Definitiv nicht. Da könnte ich einen ganzen Katalog von Vorschlägen machen. Für die psychosoziale Situation geflüchteter junger Menschen sind vor allem zwei Dinge entscheidend: Der Zugang zur psychosozialen Versorgung muss ausgebaut werden, zum Beispiel durch Projekte wie das unsere. Zum anderen muss das Recht auf Bildung ohne Wenn und Aber für alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland gelten. 

Jetzt sollen aber ausgerechnet die Mittel für die psychosozialen Zentren wie eures gekürzt werden. Wie wird sich das auf eure Arbeit auswirken? 

Ganz konkret gefährdet die geplante Mittelkürzung den Arbeitsplatz einer Kollegin. Wir sind zwar an Unterfinanzierung und befristete Projekte gewöhnt, aber das Damoklesschwert der Kürzungen ist zermürbend. Es zeigt deutlich, dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft nicht ausreichend gewürdigt wird.

1.1.24

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