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»Kinderrechte sollten für alle Kinder gleich gelten.«

Im Interview erklärt Ekaterina Marynich, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in unserem Projekt mit dem Psychosozialen Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt, wie sich flüchtlingsfeindliche Stimmungsmache auf geflüchtete Kinder auswirkt und was die Politik ändern sollte.

Ekaterina, du arbeitest als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Hat die flüchtlingsfeindliche Stimmung Auswirkungen auf sie?

Leider ja. Ich höre oft von rassistischen Vorfällen, vor allem auf Schulhöfen. Ein 12-jähriger afghanischer Junge berichtete zum Beispiel kürzlich, dass rassistische Sprüche wie »Du Ausländer, was willst du in unserem Land? Geh nach Hause« an seiner Schule an der Tagesordnung seien.

Und die großen Gegenproteste? Wirken die sich gerade positiv aus?

Ja, vor allem die Jugendlichen nehmen die Proteste wahr. Die Demos machen ihnen Hoffnung, in Deutschland wirklich anzukommen und sich zugehörig statt ausgegrenzt zu fühlen.

Mit welchen Themen kommen die jungen Menschen auf Dich zu?

Sie berichten oft von traumatischen Erlebnissen im Heimatland und auf der Flucht. Hinzu kommen Sorgen um zurückgebliebene Familienmitglieder, unsichere Lebenssituationen, Angst vor Abschiebung, Ausgrenzung und Leistungsängste in der Schule.

Kannst du ein Beispiel geben?

Mir fällt sofort eine 16-Jährige aus Syrien ein, die viel Gewalt erlebt hat. Sie traute sich nicht mehr allein auf die Straße und konnte nicht zur Schule gehen, weil sie ständig Albträume hatte und Angst hatte, abgeschoben zu werden. Da brauchte sie dann unsere Unterstützung.

Findest du, dass die Politik genug für geflüchtete Kinder tut?

Kinderrechte sollten für alle Kinder gleich gelten. Deutschland tut sehr viel, aber ich wünsche mir bessere Unterbringungsbedingungen, eine schnellere Familienzusammenführung und einen entschiedeneren Kampf gegen die flüchtlingsfeindliche Stimmung.

Was hältst du vom neuen Rückführungsgesetz, das nächtliche Abschiebungen erleichtern soll?

Nächtliche Abschiebungen können zum neuen traumatischen Ereignis werden, bei dem die Kinder totalem Kontrollverlust, Hilfslosigkeit und starker Angst ausgesetzt werden. Dies kann bestehende Symptome verstärken und den psychischen Zustand verschlechtern.

Die Bundesmittel für die Psychosozialen Zentren sollen gekürzt werden. Wie wird sich das auf eure Arbeit auswirken?

Die psychosoziale Versorgung ist stark ausbaufähig. Schon jetzt können wir nur einen kleinen Teil der Kinder aufnehmen, die Hilfe brauchen. Wenn gekürzt wird, wird der Zugang noch schwerer.

16.2.24

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