Beauty and a Beast
Rund 20.000 Kinder arbeiten in Bergwerken der ostindischen Bundesstaaten Jharkhand und Bihar. Sie schlagen Löcher in die Steinwände, um aus dem Fels Grundstoffe für die europäische Kosmetikindustrie zu gewinnen. Meist handelt es sich um Mineralien, die Glimmer- und Glitzerstoffe (»Mica«) für Make-up und andere Kosmetik-Produkte enthalten. Die Kinder schuften allein oder mit ihren Familien.
Die meisten von ihnen gehören zu den besonders diskriminierten und ausgebeuteten Kastenlosen, den sogenannten Dalits. Die Arbeit ist schwer und gefährlich, die Kinder hantieren mit Bohrern, scharfen Messern und schweren Hämmern und atmen über Stunden stickige und von Steinstaub-Partikeln durchsetzte Luft ein. Sie haben keine Freizeit, kein Wochenende und keine Chance, eine Schule zu besuchen. Die meisten der Minen werden illegal betrieben, nur rund zehn Prozent verfügen über Genehmigungen von den Behörden.
Die von terre des hommes in Holland herausgegebene <link file:621 _blank download komplette studie and a>Studie mit dem Titel Beauty and a Beast
untersucht den Handelsweg der Mineralien von den indischen Bergwerken bis zum Verkauf der Kosmetikprodukte in niederländischen Geschäften anhand von acht großen niederländischen Firmen. Ergebnis: die Firmen verfügen zwar über Verhaltenskodices, d. h. über Richtlinien für den Umgang mit Zulieferern, doch die Hälfte von ihnen überprüfen nicht, ob im Produktionsprozess Kinder ausgebeutet werden. Oftmals wird Kinderarbeit in den Kodices gar nicht erwähnt oder nicht explizit verboten, noch seltener existieren Regularien zur aktiven Vermeidung von Kinderarbeit in den Bergwerken.
terre des hommes appelliert an die verantwortlichen Firmen, ihrer Verantwortung für das Wohl von Kindern gerecht zu werden: Sie müssen endlich mit gebührender Sorgfalt die Ausbeutung von Kindern bei der Gewinnung von Rohstoffen für ihre Waren beenden, so wie es die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte vorsehen. Die Unternehmen sollten sich verantwortlich gegenüber den arbeitenden Kindern zeigen und sich an der Finanzierung von Hilfsmaßnahmen wie Schulprogrammen für die betroffenen Kinder in Jharkhand und Bihar beteiligen. Die indische Regierung ist gefordert, das gesetzlich geregelte Verbot von Kinderarbeit besonders unter den Ärmsten und damit gerade dort, wo es häufig unterlaufen wird, konsequent durchzusetzen und Verstöße zu sanktionieren.
terre des hommes intensiviert für die betroffenen Kinder und ihre Familien Schul- und Bildungsprojekte und befreit Kinder aus Mica-Minen. Zum Hintergrund der Studie:
- In den indischen Bundesstaaten Jharkhand und Bihar werden jährlich rund 125.000 Tonnen und damit rund ein Viertel der weltweiten Produktion von Mineralien für Kosmetika abgebaut. Indien ist neben China Hauptexporteur von Mica.
- Exakte Angaben zur Zahl arbeitender Kinder existieren nicht. terre des hommes schätzt aufgrund seiner Studie, dass 20.000 Kinder im Mica-Abbau arbeiten.
- Ob Mineralien aus legalen oder aus illegalen Bergwerken stammen, ist für Verbraucher nicht zu unterscheiden. Es ist anzunehmen, dass nahezu alle untersuchten niederländischen Firmen auch illegal abgebaute Mineralien importieren.
- Die Produktionskette verläuft über die - sehr oft illegal betriebenen - Bergwerke und internationale Zwischenhändler, die die Mineralien weiter verarbeiten, so dass sie in Kosmetikprodukten eingesetzt werden können. Zu diesen Firmen gehört auch der deutsche Chemie- und Pharmahersteller Merck, der in der Studie ebenfalls portraitiert wird.
03.06.2016