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Kinderarbeit? In Deutschland?!

Kaum zu glauben: Für viele Kinder in Deutschland ist Arbeit Alltag. Daher schlägt der im Juni dieses Jahres veröffentlichte Terre des Hommes-Bericht Alarm: Eine unbeschwerte Kindheit bleibt vielen Kindern verwehrt. Stattdessen arbeiten Kinder, um ihre Familien zu entlasten oder sich ein kleines Taschengeld zu verdienen. Das erschütterndste Ergebnis: Viele arbeiten unter Bedingungen, die ihre Gesundheit und Bildungschancen langfristig beeinträchtigen.


Angesichts dieser beunruhigenden Erkenntnisse luden Terre des Hommes und die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention beim Deutschen Institut für Menschenrechte am 4. und 5. November 2024 zu einer Fachtagung in Hannover ein. Gemeinsam mit rund 45 Expert*innen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft wurden Wege zur Bewältigung dieser gesellschaftlichen Herausforderung diskutiert. Denn eines ist klar - vielen Kindern geht es damit nicht gut: »Ich merke, dass die Arbeit den Kindern nicht guttut, wenn sie nicht im Unterricht erscheinen. Mit den schulischen Leistungen geht es dann meist auch ganz schnell bergab«, erläutert André Steinhoff, Lehrer aus NRW.  

Ein wichtiges Ergebnis hat die Diskussion gezeigt - es mangelt an Forschung und Daten. Viele Überlegungen wurden diskutiert, wie die Datenlage verbessert werden könne. Eine Idee war die Integration spezifischer Kriterien in die Prüfung einer Kindeswohlgefährdung. »Wichtig ist hier jedoch, den Fokus nicht allein auf die Frage “Wie kriege ich Kinderarbeit in eine Statistik“ zu legen, sondern ganz konkret zu analysieren, welche Konstellationen für Kinder besonders riskant sind und das Risiko von Kinderarbeit in sich bergen«, erklärte Dr. Annette Niederfranke, Direktorin der Internationalen Arbeitsorganisation in Deutschland.

»Zudem hat die Gesetzgebung Lücken und deckt die Verpflichtungen der UN-Kinderrechtskonvention nicht ausreichend ab«, so Claudia Kittel, Leiterin der Monitoringstelle Kinderrechtskonvention. So wird zum Beispiel die Mitwirkung von Kindern in den Kanälen der Familieninfluencer*innen bislang nicht aus der Perspektive der damit verbundenen Kinderarbeit gesehen – es zählt die Einkommensmaximierung der Familien auf Kosten der Kinder. Einige der identifizierten Tätigkeiten werden vom Gesetzgeber kaum wahrgenommen, so gibt es zum Beispiel viel zu wenig Hilfe für Kinder, die kranke Angehörige pflegen. »Insbesondere eine Reform des Jugendarbeitsschutzgesetzes erscheint zur Integration der Social Media Komponente wichtig – hier werden wir ganz konkrete Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass die Mitwirkung von Kindern in diesen Kanälen künftig eine Prüfung erfährt«, so Dr. Antje Ruhmann, Mitautorin des Terre des Hommes-Berichts zu Kinderarbeit in Deutschland und eine der Organisatorinnen der Tagung.

7.11.24