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»Vor Mauern und hinter Gittern«

Kinderrechte werden an den Außengrenzen der Europäischen Union mit Füßen getreten

Kinder und Jugendliche werden an den Außengrenzen der EU gewaltsam zurückgeschoben (»Pushbacks«) und nach Ankunft in der EU inhaftiert – eine systematisch angewandte Praxis in mehreren Außengrenzstaaten der EU. Anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen nächste Woche zeigt terre des hommes mit dem aktuellen Bericht »Vor Mauern und hinter Gittern« am Beispiel von Ungarn, Griechenland, Bulgarien und Polen die kinderrechtswidrigen Praktiken genauer auf. Der Bericht bezieht sich vor allem auf die Erfahrungen und Hinweise zivilgesellschaftlicher Projektpartnerorganisationen und verweist auch auf die Mitverantwortung der EU, deren Institutionen das Verhalten der Mitgliedsstaaten billigen und stützen.

»Migrationshaft bei Kindern und Jugendlichen ist trotz ihrer Unvereinbarkeit mit der UN-Kinderrechtskonvention Realität in drei der vier untersuchten Mitgliedstaaten« sagt Teresa Wilmes, Programmreferentin für Deutschland und Europa bei terre des hommes. »In Ungarn, dem vierten untersuchten Mitgliedsstaat, wurde die Inhaftierung von geflüchteten Minderjährigen nur deswegen beendet, weil Pushbacks den Zugang zu einem Asylverfahren bereits nahezu vollständig verhindern.«

Die Folgen für Betroffene sind gravierend: Infolge einer Inhaftierung leiden Kinder und Jugendliche häufig an Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen und Angstzu­ständen. Auch die Erfahrung von Gewalt gegen sie selbst oder Verwandte und Freunde ist für Kinder und Jugendliche traumatisierend und begleitet sie oft ein Leben lang.

Rückendeckung erhalten die Mitgliedsstaaten dabei von der EU und ihren Institutionen: »Die Europäische Union, allen voran die EU-Kommission, macht sich für die Verletzung von Kinderrechten an den europäischen Außengrenzen mitverantwortlich. Zahlreiche Beispiele dafür finden sich im Bericht: vom europäischen Pilotprojekt zum Grenzschutz in Bulgarien über die EU-Finanzierung haftähnlicher Einrichtungen auf Griechenland bis hin zur Rolle der EU-Agentur FRONTEX,« erklärt Sophia Eckert, rechtspolitische Referentin bei terre des hommes. »Unser Bericht zeigt, dass die europäische Gemeinschaft maßgebliche Einflussmöglichkeiten darauf hat, ob der Schutz, das Wohl und die Rechte geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der EU gelten oder einer ausgeklügelten Abschottungspolitik der EU-Mitgliedsstaaten zum Opfer fallen sollen.«

Mit Blick auf das Treffen der europäischen Innenminister*innen in der kommenden Woche fordert terre des hommes eine Kehrtwende der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Dazu Sophia Eckert: »Dass die geplanten Reformvorschläge die im Bericht beschrieben Problemlagen beenden werden, ist illusorisch. Vielmehr ist zu befürchten, dass die Reform die Missstände an den europäischen Außengrenzen weiter verschärft, indem sie den Rechtsverletzungen einen europäischen Rahmen gibt. Wir fordern daher die Entscheidungsträger*innen in der EU auf, diese unsäglichen Reformpläne zu stoppen. Von einem menschenwürdigen europäischen Asylsystem erwarten wir den Zugang zu Asyl statt rechtswidriger Abschiebung, Kindeswohl statt Lagerhaft und faire Asylverfahren statt beschleunigter Grenzverfahren.«

29.11.23

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