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Myanmar: Ein Land im Wandel

Man habe, sagte der Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Thorbjørn Jagland, sehr lange auf die Preisträgerin gewartet. Das war nicht untertrieben. Mit einer Verspätung von 21 Jahren hielt die burmesische Freiheitskämpferin Aung San Suu Kyi in Oslo im Sommer 2012 ihre persönliche Dankesrede zur Verleihung des Friedensnobelpreises 1991. Damals konnte sie den Preis nicht persönlich entgegennehmen. Sie musste fürchten, nicht wieder ins Land gelassen zu werden.

Aung San Suu Kyi stand 15 Jahre lang in der ehemaligen Hauptstadt Rangun unter Hausarrest. Die Militärs übten ihr brutales Regime aus und unterdrückten die Bevölkerung, die unter Hunger, Armut und Vertreibung leiden musste. Nun haben die Offiziere die Uniformen ausgezogen, Myanmar spricht von Demokratisierung, Aung San Suu Kyi konnte mit ihrer Partei an Wahlen teilnehmen, sie darf ausreisen und wiederkommen. Aber die Rede der Oppositionsführerin in Oslo war alles andere als überschwänglich. Sie sprach zwar von vorsichtigem Optimismus, warnte aber vor »blindem Glauben« an die Entwicklung in ihrer Heimat. Die 67-Jährige sprach auch von den vielen politischen Gefangenen, die es nach wie vor gebe, von den ethnischen Konflikten und unterdrückten Minderheiten in Myanmar. Seit 1962 ist Myanmar eine Militärdiktatur. Jahrzehntelange massive Menschenrechtsverletzungen und ein Krieg gegen verschiedene ethnische Bevölkerungsgruppen haben das Land für viele Bewohner zur Hölle werden lassen. Hunderttausende sind in die Nachbarländer geflohen, vor allem nach Thailand, wo sie unter schwierigsten Bedingungen in Flüchtlingslagern leben.

Militär behält Vorrechte

Die Ende des vergangenen Jahrzehnts eingeleitete Wende folgte der Überlegung, dass Myanmar sich demokratischer geben muss, wenn es wirtschaftlich nicht völlig zugrunde gehen will. Nur so konnte man hoffen, dass das internationale Handelsembargo gegen die Diktatur gelockert oder aufgehoben wird. Es wurde also eine neue Verfassung verabschiedet, es wurden Wahlen angesetzt, die allerdings demokratischen Standards nicht genügten. Seit 2011 hat Myanmar wieder ein ziviles Staatsoberhaupt, Präsident Thein Sein. Allerdings: Er wurde von der Militärregierung eingesetzt, und die Verfassung schreibt außerdem vor, dass das Militär seine Vorrechte im Staat behält und dass ein Viertel der Parlamentssitze von Militärs zu besetzen ist.

Im April 2012 standen Nachwahlen zum Parlament an. Viele Abgeordnete waren in Ämter aufgerückt, sieben Prozent alle Mandate wurden frei. Das Regime kündigte an, die Kandidatur von Aung San Suu Kyi zuzulassen. Ihre Partei, die oppositionelle »National League for Democracy« (NLD), erzielte in 112 von 129 Wahllokalen die meisten Stimmen. Die große Mehrheit stellt immer noch die vom Militär dominierte Partei Union Solidarity and Development, deren Vorsitzender der Staatspräsident ist. Der Politikwissenschaftler Alexander Schmotz vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung schrieb kürzlich in einem Artikel von den Fassadenwahlen in Myanmar, wie sie heute in allen Autokratien veranstaltet würden. Diktaturen überleben länger, wenn sie Wahlen abhalten – weil so die Opposition oder zumindest ein Teil von ihr eingehegt werden könne.


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